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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0090
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72 Erster Abschnitt. Allgemeines

Fällen behielt daher der Tragaltar nach wie vor seinen Wert, nur mußte er,
seitdem das altare fixum durch Weihe für seine Verwendung als Stätte des
eucharistischen Opfers vorbereitet wurde, als Surrogat desselben natürlich
gleichfalls geweiht werden. Außerdem vollzog sich aus Zweckmäßigkeits-
rücksichten eine Änderung in der Form des Tragaltares, indem dieser aus
einem Tisch zu einer bloßen Platte oder Tafel wurde. Einen Tisch auf Reisen
mitzuführen — weil der Altar geweiht sein mußte, konnte man ja nicht mehr
jeden beliebigen Tisch gebrauchen —, hätte zu große Schwierigkeiten ge-
macht, nicht dagegen das Mitnehmen einer Altartafel, die man leicht auf
irgendeiner erhöhten Unterlage anbringen konnte. Bei den Griechen ging
man sogar noch einen Schritt weiter, indem man schon ziemlich früh die
Tafel durch ein Tuch ersetzte, das Antiminsion. Indessen soll hier nicht von
der Form del Portatiles die Rede sein, da diese an anderer Stelle ausführlich
behandelt werden muß, sondern nur die Tatsache der formalen Änderung des
Tragaltares hervorgehoben werden, die sich vollzog, als dieser nicht mehr das
Normale, sondern nur Notbehelf an Stelle eines konsekrierten altare fixum
geworden war.

Freilich wird man sich in älterer Zeit wohl kaum in allen Fällen eines ge-
weihten Portatiles bedient haben, in denen man aus irgendeinem Grunde an Orten
zu zelebrieren hatte, wo ein altare fixum fehlte. Da es noch nicht die späteren
strengen Vorschriften gab, welche in solchen Fällen durchaus den Gebrauch kon-
sekrierter Portatilien zur Pflicht machten und anderseits die alte Praxis, nach der
man sich im Notfalle irgendeines passenden Tisches zur Feier der Eucharistie bedient
hatte, noch längere Zeit ihre Nachwirkung geäußert haben dürfte, mag es sogar
nicht selten vorgekommen sein, daß man beim Mangel eines altare fixum ohne
Portatile die Messe feierte. Fand man sich doch, ersichtlich wegen vorgekommener
Mißbräuche, noch im 9. Jahrhundert im Frankenreich wiederholt gezwungen, den
Priestern einzuschärfen, daß dieselbe beim Mangel eines Altares nur auf einer vom
Bischof konsekrierten Altartafel zelebriert werden dürfe. So bedroht das Konzil von
Paris aus dem Jahre 829 jeden Priester, der in Zukunft an unpassenden, nicht ge-
weihten Orten, wie in Privathäusern, Gärten und Kapellchen die Messe lesen werde,
mit schwerer Strafe. Nur im Notfalle, damit nämlich das Volk nicht ohne Messe
und ohne Gelegenheit zum Empfang der Kommunion bleibe, solle es auf Reisen
gestattet sein, die heiligen Geheimnisse an solchen Orten zu feiern, jedoch auch
dann bloß unter der Voraussetzung, daß keine Basilika in der Nähe, und daß ein
vom Bischof geweihter Altarstein vorhanden sei1.

Schon ein Kapitulare Karls d. Gr. hatte ca. 769, also ein halbes Jahrhundert
früher, bestimmt: Nullus sacerdos nisi in locis Deo dicatis vel, in itinere positus,
in tabernaculis et mensis lapideis ab episcopo consecratis missas celebrare

1 C. 47 (M. G. Conc. II, 641). Wenn es in Priester oder er selbst Kelch und Hostie in

dem im 8. Jahrhundert entstandenen Bußbuch den Händen halte. Der Kanon will vielmehr

Pseudo-Theodors von Canterbury 1. 2, c. 2, n 1 2 sagen, daß die Feier der Messe auch im Notfall

(H. J. Schmitz, Die Buflbücher und die Bußdiszi- nur dann im Freien stattfinden dürfe, wenn

plin der Kirche [Mainz 1883] 539) heißt: Episcopo jemand Kelch und Hostie mit den Händen

licet in campo (im Freien) confirmare, si necesse festhalte, damit dieselben nämlich nicht durch

est. Similiter presbytero missas agere, si diaco- einen Windstoß umgeworfen bzw. weggewebt

nus aut presbyter vel ipse calicem et oblationem würden. Si manibus tenuerit bezeichnet dem-

manibus tenuerit, so soll das nicht heißen, der nach nicht ein Halten in den Händen, das den

Priester dürfe im Notfall im Freien ohne fehlenden Tragaltar ersetzt hätte, sondern ein

Tragaltar zelebrieren, wofern ein Diakon, ein bloßes Festhalten mit den Händen.
 
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