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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0181
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Fünftes Kapitel. Altarvelen in den Riten des Ostens 165

alter Zeit angebracht worden war, noch besondere Säulen zum Authängen desselben
um den Altar herum aufstellen51.

Alles in allem erhalten wir nach dem Gesagten nicht einmal auf die
Frage, wo das xazanhaofia in altchristlicher Zeit und im Mittelalter ange-
bracht war, aus den schriftlichen Quellen, einen allseitig befriedigenden Auf-
schluß. Sicher ist indessen, daß die landläufige Annahme, nach der es stets
am Ciborium befestigt war, nicht zutreffend ist, daß es vielmehr selbst dann,
wenn der Altar mit einem solchen versehen war, schon lange vor dem
13. Jahrhundert keineswegs immer an demselben aufgehängt war. Das
Pilgerbuch des Antonius von Novgorod läßt daran keinen Zweifel. Es wird
das aber auch durch die Bildwerke bestätigt.

Mittelalterliche griechische Miniaturen, auf denen Altarciborien zur Darstellung
gelangt sind, bilden keine Seltenheit. Lehrreiche syrische Miniaturen dieser Art
finden sich in einem syrischen Pontifikale der Nationalbibliothek zu Paris, einer
Handschrift aus dem Jahre 1239. Eine griechische Miniatur des 6. Jahrhunderts, auf
der uns ein Altar mit Ciboriumüberbau begegnet, gibt es in der Wiener Genesis
(Tafel 115). Bemerkenswert ist, daß das Ciborium auf den Bildwerken fast immer ohne
allen Behang erscheint. Nur ein paar Miniaturen machen eine Ausnahme, die vor-
hin erwähnte Miniatur der Wiener Genesis, eine Miniatur des Menologiums Basiüus' IL
in der Vatikanischen Bibliothek und eine der Miniaturen des syrischen Pontifikales
der Nationalbibliothek. Auf der Miniatur der Wiener Genesis hängt zwischen den
beiden vorderen Säulen des Ciboriums an einer Stange ein Behang, der noch nicht
einmal bis zur Mitte der Säulen herabreicht. Die Miniatur des Menologiums zeigt an
zwei Seiten des Ciboriums zwischen den Kapitellen seiner Säulen einen winzig
kleinen Behang, der nicht einmal ganz die Höhe der Kapitelle hat (Tafel 146). Auf
der Miniatur des syrischen Pontifikales, auf der das Ciborium eine phantastische
Form hat, bildet der Behang in seinem oberen Teil eine Art Draperie, sein unteres
Ende aber ist elegant um eine der Säulen des Cihoriums geknotet". In allen drei
Fällen erscheint der Behang nicht als ein Velum, das den Zweck hatte, den Altar zu
verhüllen, sondern als bloßes Dekorationsstück gleich den Votivkronen, Vasen und
ähnlichen kostbaren Gegenständen, die man an dem Gebälk oder unterhalb der
Bogen des Ciboriums gern als Schmuck aufhängte. Es ist mir überhaupt kein Bild-
werk aus dem Osten bekannt geworden, auf dem uns an einem Ciborium ein Behang
entgegentritt, den wir als etwas mehr denn als bloßen Dekor, iL i. als wirkliches Altar-
velum, zu deuten hätten. Zudem ist zu beachten, daß die Behänge nur auf einer der
Miniaturen des Menologiums Basilius' IL, auf denen ein Ciborium dargestellt ist, vor-
kommen, auf den übrigen dagegen völlig fehlen53, und daß ebenso bloß jene eine der
Miniaturen des syrischen Pontifikales den Behang aufweist, während das Ciborium
auf allen anderen ohne einen solchen wiedergegeben ist.

Nach Butler5* zeigen noch einige alte Ciborien in den koptischen Kirchen
Ägyptens an den Balken, welche die den Baldachin tragenden Säulen verbinden,
Hinge, an welchen, wie er meint, ehedem Vorhänge befestigt waren. Die Möglich-
keit, daß dem wirklich so war, ist natürlich nicht ausgeschlossen, doch dürften die

51 Heute erheben sich im griechischen Ritus der Liturgie allzu sehr behindert, wenn sie

vielfach auf den Ecken der Mensa vier Säul- an solchen Säulchen befestig! worden wären,

eben oder Pfosten, die eine kleine Kuppel si Abh. der Miniatur bei J. Braun, Die b'tur-

tragen und mit ihr ein Miniaturciboriuni bilden. gjsche Gewandung 51; zwei der übrigen Minia-

Ob es sich auch schon im Mittelalter so ver- luren (]cr Handschrift ebd. 238 und 601.

hielt, läftt sich nicht feststellen. Jedenfalls „vi » »w * j ,-

können an derartigen Säulchcn die Velen, von v&" z- B- ülM 7 und »•
denen Simeon von Saloniki spricht, nicht an-
gebracht gewesen sein. Sie hätten die Feier
 
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