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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0674
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658 Siebenter Abschnitt. Die Altarschranken

diesem ein passend geschmückter Sitz hergerichtet werden. Ebenso hat die Rilen-
kongregation im Laufe des 17. Jahrhunderts zu wiederholten Malen auf Anfragen
hin betont, es sei durchaus unzulässig, daß Laien im Altarraum an der Messe und
dem Offizium teilnehmen35.

Die Altarschranken waren der sinnfällige, faßbare Ausdruck des uralten Ver-
botes, welches den Laien wenigstens zur Zeit des Gottesdienstes den Aufenthalt
im Altarraum untersagte. Freilich waren sie wohl meistens nicht so beschaffen,
daß sie den tafsächlichen Eintritt derselben in diesen hätten hindern können, immer
aber wiesen sie die Laien darauf hin, riefen es ihnen stets wieder ins Gedächtnis, daß
der ihnen zustehende Platz im Gotteshause das Schiff der Kirche, nicht das der
Geistlichkeit ausschließlich vorbehaltene Presbyterium sei, und daß es ihnen nicht
zukomme, unter Mißachtung der durch kirchlichen Brauch und kirchliches Rechi
geschaffenen Scheidung von Klerus und Laien im Presbyterium der Feier des
Gottesdienstes innerhalb der Altarschranken anzuwohnen. Die Altarschranken
waren aber auch die sichtbare Verkörperung der katholischen Auffassung vom
Charakter des Priestertums, des Verhältnisses des Priesters zur Gemeinde und der
liturgischen Opferfeier. Zwar war den Laien der Eintritt in den Altarraum zweifelios
auch verboten, um nach Möglichkeit allen Störungen des Gottesdienstes vorzu-
beugen, und wurde der Altar, wie vorhin gesagt wurde, sicher auch aus diesem
Grunde mit Schranken verschen, jedoch war diese fürsorgende Rücksicht auf die an
ihm sich vollziehende heilige Handlung nicht der tiefste und hauptsächlichste Grund
für jenes Verbot und für die Anbringung der Schranken. Dieselben sollten viel-
mehr vor allem zum Ausdruck bringen, daß nach katholischer Lehre der Priester
nicht der Beauftragte der Gemeinde ist und von dieser Auftrag und Vollmachten
empfängt, sondern ganz unabhängig von ihr durch die Weihe allein als Mittler
zwischen Gott und den Gläubigen bestellt und mit den entsprechenden sakramen-
talen Gewalten versehen wurde, daß er demgemäß nicht sowohl als Stellvertreter
der Gemeinde, jedenfalls nicht in erster Linie, sondern als Stellvertreter Christi,
im Namen Christi und kraft der ihm durch die Weihe zuteil gewordenen Bevoll-
mächtigung am Altäre steht, und daß das eucharistische Opfer, das er an diesem
vollzieht, nicht eine Tat der Gemeinde, sondern eine Tat Christi und seines sicht-
baren Stellvertreters, des Priesters ist und nur im weiteren Sinne auch ein Opfer
der Gemeinde darstellt. Kurz, Verbot und Schranken sollten sein und waren die
sinnfällige Verkörperung der von Christus in der von ihm begründeten Kirche
geschaffenen hierarchischen Ordnung, der für Christi Kirche demnach durchaus
wesentlichen Scheidung ihrer Glieder in Priester und Laien und der alles Geistliche
umfassenden Üherordnung der ersteren über die letzteren.

ZWEITES KAPITEL

DIE BESCHAFFENHEIT DER ALTARSCHRANKEN

1. Das Material der Schranken. Als Material zur Herstellung
der Alt arschranken dienten Holz, Stein und Metall. Holz dürfte am frühesten zu
ihnen verwendet worden sein. Aus ihm bestanden die Schranken, mit welchen
Bischof Paulinus von Tyrus den Altar in seiner neuerbauten Basilika einfriedigte'-
Ebenso waren ersichtlich aus Holz die Schranken gemacht, welche die Arianer
bei Zerstörung der Kirche der Katholiken zu Alexandria als Beute wegschleppten,
Sozomenus aber nennt die Schranken geradezu Sgüyaxra, Holzschranken. Beispiele
hölzerner Altarschranken haben sich aus altchristlicher Zeit, wie leicht begreiflich,
nicht erhalten1. Aber auch aus dem Mittelalter, in dem es doch sicher viele

" Vgl. die Entscheidungen vom 21. Febr. ' Vgl. oben S. 651.

1304, 8. Jan. 1605, 24. Okt. 1609, 28. April 1663, " Die bei Cabrol If, 1825 nach Strzygowski

15. März 1664 (Decr. auth. 157 175 275 1258 abgebildeten, in Ägypten gefundenen Holz-

1288). schranken, die angeblich dem 6. Jahrhundert
 
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