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II. Die Kirchenmalereien. 1. Ueloersielit der erhaltenen Malereien.

clie sicli hinter Sarkophagen zu hergen suchen: denn Christus erscheint
im Iiades, und vor ihm stiirzen die Teufel von dannen. Diese Bilder er-
greifen den Beschauer tiefinnerlich und mahnen ihn zur Vorsiclit gegen-
tiber dem Glauhen an eine trockene, formelle, lehlose Gestaltung der
hyzantinischen Malerei. Sie lassen das Gemeinsame der Anffassung, das
Bilder gleichen Inhaltes oft verhindet, liinter dem persönlich Empfundenen
und deslialb persönlich Wirkenden zuriicktreten. Wie die Scenen, so
sind auch die Einzelfiguren dieses Cyklus wohl durclidacht. Die Evan-
gelisten sind nicht blos heilige, schreihende, an ihren Symbolen kennt-
liche Mensolien: sie erhalten sichthar die Offenharung. Matthäus ist heirn
Schreihen von cinern Engel inspirirt; Markus empfängt von einem Engel
einen Schriftzettel, während er das Schreibrohr zurechtschnitzt; Lukas
ist hescliäftigt, an einem Panagienbilde zu malen, während der heilige
Stier vom Himmel zu ihm lierabkommt; und Joliannes, der seinern
Scliüler Prochoros dictirt, hlickt sich urn, wei 1 der Himmel ihm durch
den heiligen Adler ein Buch sendet. Die Gesichter der Heihgengestalten
weisen individuelle Charakterzüge auf und sind dahei von einer wolil-
thuenden Bescheidenheit und Milde des Ausdrucks, die in späteren Zeiten
verloren geht. Der Maler dieser Fresken, den man gern loben wird,
stammt aus Thehen und heisst Phrangos Katellanos. Er ist kein Mönch
gewesen 1 und war, wie sein Beiname hesagt, von catalonischer, spanischer
Ahstammung, also wol ein Nachkomme eines jener spanischen Söldner,
welche zu Anfang des Jahrhunderts, als der Kampf um Sicilien heendet
war, nacli Griechenland iihersetzten und scliliesslich dem Herzog von
Athen nach Athen und Theben — der Heimat des Malers ■—- folgten. 2
Demselben Klosterlande, das ein halbes Jahrhundert früher von den
Seinigen, die sich in der Nachbarschaft auf der Kassandra-Halbinsel ein-
genistet hatten, viel Schaden gelitten hatte, widmete er jetzt seine fried-
liclie künstlerisclie Thätigkeit. In dieser erscheint er vollständig als
Byzantiner.

Diese drei Cyklen von Wandmalereien des vierzehnten Jalirhunderts
sind, im Vereine mit wenigen Mosaikbildern gleichen Alters, welche
später noch einzeln angeführt werden sollen, zugleich das Aelteste und
das Beste, was von den Werken der monumentalen Atlios-Malerei er-
halten ist.

1 Sein Name kommt keinem grieehisehen Heiligen zu, wie daraus zu schliessen
ist, dass er im „'Suva^picjTY;?“ fehlt. Der spanisclie Name Francho (Francisco) wird
sich in seiner Familie, die aus Spanien stammt, fortgeerht hahen.

2 Ueher den Zug der Katalanen siehe Fallmerayer, Bd. II, S. 42, Ilertzherg, „Ge-
sehichte der Byzantiner“, S. 443, 456, 512, Gedeon, S. 146, Gregorovius, „Gescliichte
der Stadt Athen im Mittelalter“.
 
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