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Februar 1816 eine Kommission, die nach vier-
zehntägiger Anhörung von Sachverständigen
den Ankauf empfahl. Vier Monate später
wurde der Ankauf bestätigt.
Die Parthenonplastik wurde nun schnell po-
pulär und erlangte Berühmtheit.
Mit der Orientierung auf die griechische
Kunst der pcrikleischen Zeit wurde das Inter-
esse an Athen weiter gefördert. Die Rekon-
struktion des antiken Stadtbildes trat nach der
Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr in das
Zentrum topographischer Studien.
Insbesondere durch die Untersuchungen von
Ernst Curtius in Athen nahm die Topogra-
phie einen deutlichen Aufschwung. Im An-
schluß an Roß widmete sich Curtius vor allem
wichtigen Urbanen Punkten wie der Pnyx
(Hügel, auf dem die Volksversammlung
tagte), der Stadtmauer, dem Kerameikos
(Töpferviertel im Nordwesten Athens; dort
vor dem Dipylon — Toranlage - befand sich
der Friedhof) und der Agora. Die Ergebnisse
seiner Forschungen publizierte er ab 1862 un-
ter dem Titel »Attische Studien«. Dabei ver-
band er die genaue Beschreibung der ört-
lichen Gegebenheiten, die Bodcnbcschaffcn-
heit, Bauwerke und Denkmäler mit kulturhi-
storischen Betrachtungen. Besonders der
Frage nach ehemaligen funktionalen Zusam-
menhängen im städtischen Leben schenkte
Curtius seine Aufmerksamkeit. So betonte er
nachdrücklich: »Die nahe Verbindung zwi-
schen Geschichte und Ortskundc ist der allein
fruchtbare Standpunkt für alle Forschungen
auf dem Gebiete der alten Topographie.« (E.
Curtius, Attische Studien I, S. 54). Seine Stu-
dien sollten die Grundlage einer wissenschaft-
lichen Topographie Athens werden.
Dieser Aufgabe widmete sich Curtius in den
nachfolgenden Jahren intensiv. Für die ge-
naue trigonometrische Vermessung warb er
den Vermessungsinspektor vom Generalstab
der Armee J.A. Kaupert. Dieser begann 1875
mit der Aufnahme Athens, später folgte die

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Vermessung der Umgebung der Stadt. Bereits
1878 legten Curtius und Kaupert einen to-
pographischen Atlas ganz Athens vor.
Schwerpunkte waren z. B. das Stadion, die
Akropolis und das Dipylon (Doppeltoran-
lage am Kerameikos). Die Bauwerke wurden
dabei unter Einbeziehung der neuesten Aus-
grabungsergebnisse in Grundriß- und Profil-
zeichnungen wiedergegeben. Dem Dipylon
erkannte Curtius für den topographischen
Zusammenhang besondere Bedeutung zu.
Von hier nahmen die Gräberstraßen des vor
der Stadt gelegenen Friedhofs ihren Ausgang.
Seit 1863 hatte die griechische archäologische
Gesellschaft im Kerameikos mit planmäßigen
Ausgrabungen begonnen. Eine große Zahl
von Grabstelen, Grablekythen (Grabgefäße)
mit Reliefdarstcllungen u.ä. wurde hier ent-
deckt. Sie stammten sowohl von Staats- wie
auch von Familiengräbern und sind zum Teil
von herausragender künstlerischer Qualität.
Das kulturhistorische Umfeld verband Cur-
tius stets aufs engste mit seinen topographi-
schen Studien. Sein Anliegen war es, ein an-
schauliches Bild der städtischen Kultur des
antiken Athens zu gewinnen: »Ohne geistige
Anschauung der Ocrtlichkeit bleibt das Le-
ben des Freistaats unverstanden. Wir müssen
uns mit den Athenern in ihre Stadt einbür-
gern können.« (E. Curtius, Attische Studien I,
S.54).

Die Grabungen
in Samothrake und Olympia
und die Entwicklung der
archäologischen Stratigraphie

Die neue Qualität, die die Topographie durch
die trigonometrische Vermessungstechnik er-
reicht hatte, sowie die auf einem hohen Ni-
veau stehende Bauforschung bildeten die
Grundlage für die Entwicklung einer für die
 
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