Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 1): Die Bildhauer — Stuttgart, 1889

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4968#0044
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
40

Die Bildhauer.

Bezeichnung eines Thrones für das Ganze ist daher sehr uneigentlich zu ver-
stehen. Wollen wir einen freilich nur theilweise zutreffenden Vergleich mit
Werken des Mittelalters anstellen, so können wir an die reich verzierten Chor-
stühle christlicher Kirchen erinnern, die in ihrer Mitte den Altar haben, wie
der Thron die Statue des Apollo auf dem Grabe des Hyakinthos.

Ueber die Anordnung der zahlreichen Reliefs habe ich im Rheinischen
Museum von Welcker und Ritsehl *) ausführlich gehandelt, und nachgewiesen,
dass das Grundprincip derselben ein strenger Parallelismus, ein durchgehendes
Entsprechen der einzelnen Glieder unter einander im Räume war, dass dieses
Entsprechen sich nicht blos innerhalb der einzelnen Reihen findet, sondern auch
bei den ganzen Reihen unter einander wiederkehrt. Dieses Princip war aber
' 54 keineswegs ein neues, von Bathykles zuerst aufgestelles: wir finden es bereits
an dem Schilde bei Homer und Hesiod, am Kasten des Kypselos in voll-
kommenster Durchbildung, und es behauptet auch später, selbst bei einem
Phidias und Polygnot, noch seine Geltung.

Die Beschreibung der einzelnen Darstellungen überlassen wir jedem selbst
bei Pausanias nachzulesen. Nur das wollen wir noch erwähnen, dass am obersten
Theile des Thrones ein Chor der Magneter dargestellt war, welche dem Ba-
thykles bei der Arbeit Hülfe geleistet hatten.

Ehe wir zu einer allgemeinen Betrachtung dieses Abschnittes übergehen,
führen wir noch einige wenig wichtige Notizen über Künstler in Sicilien an.
Polystratos, eigentlich aus Ambrakien, machte nach Tatian (adv. Gr. 54.
p. 118 Worth) eine Statue des agrigentinischen Tyrannen Phalaris, welcher
Ol. 57, 4 starb (s. Clinton h. a.). Ein Künstler aus Ambrakien gerade in dieser
frühen Zeit müsste auffällig erscheinen, wüssten wir nicht aus Plinius, dass
Dipoenos und Skyllis während der Unterbrechung ihres Aufenthaltes in Sikyon
sich dorthin gewendet hatten.

Die Erwähnung des Phalaris führt uns auf:

Perillos oder Perilaos (denn beide Namen sind gleich richtig, siehe
Böckh zum C. I. Gr. 1, p. 887), einen Agrigentiner und Erzarbeiter (tjfiedanos,
/ahy.svc, nach Lucian). Ihm wird der berüchtigte Stier des Phalaris zuge-
schrieben , in welchem er selbst zur ersten Probe geröstet sein soll (s. z. B.
Plin. 34, 89. Lucian Enc. Phal. 11; 12). Dieser Stier hat zu den verschieden-
artigsten Erörterungen in der alten, wie in der neuen Zeit Anlass gegeben,
auf welche einzugehen für unsere Zwecke überflüssig erscheint. Eine blosse
Fabel wird es schwerlich sein; wohl aber ist es möglich, was Böttiger ver-
muthet, dass die ursprüngliche Veranlassung zu den verschiedenen sich wider-
streitenden Erzählungen in phoenicischen Götterculten zu suchen sei, die von
Karthago nach der sicilischen Küste übertragen wurden (Kunslmythol. S. 359
und 380 flgd.).

!) V, 8. 325 flgd.
 
Annotationen