Über den Parallelismus in der Komposition altgriechischer Kunstwerke. 17
Columbarium der Villa Pamfili*) in Rom mit den Darstellungen des
gefesselten Prometheus und der Niobiden, die in einem Rahmen ohne nur
eine Linie zur Scheidung beider Szenen als Gegenstück vereinigt sind.
Links vom Beschauer liegt am Abhange eines Hügels Prometheus breit
ausgestreckt, seine rechte Seite zerfleischt der Adler. Am Fuße des
Hügels spannt Herakles den Bogen zu seiner Befreiung; Pallas neben ihm
deutet mit ausgestreckter Rechten über ihn hin nach dem Ziele. Unmittel-
bar zur Rechten folgt Niobe mit einer Tochter, im allgemeinen an die
Florentiner Gruppe erinnernd; vor ihr noch zwei Söhne, einer fast über
dem anderen erscheinend, so daß das Ganze nicht mehr Raum einnimmt,
als Herakles und Pallas. Dem Hügel, an den Prometheus gefesselt ist,
entspricht genau ein anderer zur Rechten des Beschauers; auf ihm stehen
Apoll und Diana, das Rachewerk vollziehend, jedoch in einiger Entfernung,
so daß beide in dem einen Prometheus ein vollständiges Gegengewicht
haben. Jetzt frage ich: wer würde es wagen, ohne den faktisch vorgelegten
Beweis Prometheus’ Befreiung und der Niobiden Tod als Gegenstücke in
Anspruch zu nehmen? Und doch: konnte die Entsprechung vollständiger
sein zwischen diesen Gruppen, wo ein Sterblicher einen Gott befreit, der
gegen Zeus gefrevelt, wo die Götter die Sterbliche strafen, die sich gegen
die Himmlischen in stolzer Vermessenheit erhoben hat, zwischen dem He-
rakles, der von unten nach oben seine Pfeile richtet, und dem Götterpaar,
welches von oben auf die Sterblichen Verderben herabsendet? Ich glaube,
man wird zugeben, daß nach einem solchen Beispiel manche Schwierigkeit,
die sich bei den vorhergehenden Erörterungen im einzelnen zeigte, als ge-
mildert erscheinen muß. Denn eben darin besteht das Große in der Ent-
wickelung der griechischen Kunst, daß selbst die strengsten Grundregeln nie
zu willkürlichen Satzungen und dadurch zur Unfreiheit führten, sondern
vielmehr dazu dienten, innerhalb des Gesetzes dem schaffenden Geiste des
Künstlers eine um so größere Freiheit zu gewähren.
Zusatz.
Pausanias 4, 31, 11 beschreibt Gemälde des Omphalion aus Alexanders
Zeit in Messene. Die Figuren sind,
zu sondern:
A) Aphareus
B) Leukippos
Idas .
Hilaeira
Lynkeus
Phoibe
Kresphontes.
Arsinoe.
ohne Schwierigkeit der Erklärung, so
a) Nestor b) Asklepios
Thrasymedes Machaon
Antilochus. Podalirios.
*) [Abg. Jahn, Columbarium Pamfili, Abhandl. d. Bayer. Akad. d. W. 1857,
1. Classe, Vili. Band, 2. Abt. Taf. I, 3; II, 6. Samter, Römische Mitteilungen VIII,
1893, S. 115, Fig. 2.J
Brunn, Kleine Schriften. H.
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Columbarium der Villa Pamfili*) in Rom mit den Darstellungen des
gefesselten Prometheus und der Niobiden, die in einem Rahmen ohne nur
eine Linie zur Scheidung beider Szenen als Gegenstück vereinigt sind.
Links vom Beschauer liegt am Abhange eines Hügels Prometheus breit
ausgestreckt, seine rechte Seite zerfleischt der Adler. Am Fuße des
Hügels spannt Herakles den Bogen zu seiner Befreiung; Pallas neben ihm
deutet mit ausgestreckter Rechten über ihn hin nach dem Ziele. Unmittel-
bar zur Rechten folgt Niobe mit einer Tochter, im allgemeinen an die
Florentiner Gruppe erinnernd; vor ihr noch zwei Söhne, einer fast über
dem anderen erscheinend, so daß das Ganze nicht mehr Raum einnimmt,
als Herakles und Pallas. Dem Hügel, an den Prometheus gefesselt ist,
entspricht genau ein anderer zur Rechten des Beschauers; auf ihm stehen
Apoll und Diana, das Rachewerk vollziehend, jedoch in einiger Entfernung,
so daß beide in dem einen Prometheus ein vollständiges Gegengewicht
haben. Jetzt frage ich: wer würde es wagen, ohne den faktisch vorgelegten
Beweis Prometheus’ Befreiung und der Niobiden Tod als Gegenstücke in
Anspruch zu nehmen? Und doch: konnte die Entsprechung vollständiger
sein zwischen diesen Gruppen, wo ein Sterblicher einen Gott befreit, der
gegen Zeus gefrevelt, wo die Götter die Sterbliche strafen, die sich gegen
die Himmlischen in stolzer Vermessenheit erhoben hat, zwischen dem He-
rakles, der von unten nach oben seine Pfeile richtet, und dem Götterpaar,
welches von oben auf die Sterblichen Verderben herabsendet? Ich glaube,
man wird zugeben, daß nach einem solchen Beispiel manche Schwierigkeit,
die sich bei den vorhergehenden Erörterungen im einzelnen zeigte, als ge-
mildert erscheinen muß. Denn eben darin besteht das Große in der Ent-
wickelung der griechischen Kunst, daß selbst die strengsten Grundregeln nie
zu willkürlichen Satzungen und dadurch zur Unfreiheit führten, sondern
vielmehr dazu dienten, innerhalb des Gesetzes dem schaffenden Geiste des
Künstlers eine um so größere Freiheit zu gewähren.
Zusatz.
Pausanias 4, 31, 11 beschreibt Gemälde des Omphalion aus Alexanders
Zeit in Messene. Die Figuren sind,
zu sondern:
A) Aphareus
B) Leukippos
Idas .
Hilaeira
Lynkeus
Phoibe
Kresphontes.
Arsinoe.
ohne Schwierigkeit der Erklärung, so
a) Nestor b) Asklepios
Thrasymedes Machaon
Antilochus. Podalirios.
*) [Abg. Jahn, Columbarium Pamfili, Abhandl. d. Bayer. Akad. d. W. 1857,
1. Classe, Vili. Band, 2. Abt. Taf. I, 3; II, 6. Samter, Römische Mitteilungen VIII,
1893, S. 115, Fig. 2.J
Brunn, Kleine Schriften. H.
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