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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 5
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Diez, Ernst: Burgen in Vorderasien
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0115
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97

heute noch am Fuß des Berges zutage tritt. Die Ziegeleinbauten stammen aus späterer Zeit, die Burg
reicht, wie auch die Scherbensunde bezeugen, in seldschukische Zeit zurück. Ihr Name deutet aus Dschelal-
eddin Abul Fath Malik Schah (1072—1092) als Erbauer hin.

Am dichtesten standen die persischen Felsenburgen im westlichen Elburs, wo sie meist die wichtigen
vielbegangenen Karawanenstratzen vom Hochland durch die wilden Elburstäler nach den kaspischen User-
landschaften MasenderLn und GilLn beherrschten. Eine typische Burg dieserArt ist Melek-Qäbä imLartal,
die den Zugang zur Ortschast Demavend und die Stratze nach Amol in MasenderLn beherrschte. Sie
liegt auf einem steilen Felsen, der auf der Nordseite 220 m gegen ein Dors zu, aus der südlichen Berg-
seite 66 m aufsteigt. Der Felsen war mit Türmen, die sich wie Adlernester in die geringsten Vorsprünge
schmiegten, gespickt. Das Plateau war aus der Talseite durch mehrere sehr hohe, auf Terrassen zurücktretende
Mauern mit Ccktürmen besestigt. Heute stehen nur mehr Neste von Mauern und Türmen. De Morgan,
der die Burg unter Mühen bestiegen und ausgenommen hat, ist der Bewunderung voll über die Viel-
sältigkeit der Besestigungen*). „Von allen Seiten war die Verteidigung durchdacht und mit grotzer Sorg-
falt sundiert, ganz besonders aber sind die Mauern an der 66 m hohen Südseite eine über der anderen
angehäuft. Hier solgen hintereinander richtige Mauerringe von 2 und Z m Dicke. Eigene Anlagen er-
möglichten den gedeckten Abstieg zum Wildbach. Die verschiedenen Etagen waren untereinander mittels
Stiegen und unterirdischen Gängen verbunden, von denen heute noch Neste zeugen .... Seit die Burg
in Ruinen steht, ist es absolut unmöglich, bis zu den Lieserliegenden Bauanlagen hinabzusteigen. . . . .
Alle Fenster und Türen, die noch erhalten sind, sind rechteckig, und ich sah nicht die geringste Spur eines
Spitz- oder Nundbogens, übrigens auch keine Inschristen oder Spuren von Malereien. Dieses Schlotz
wurde mindestens zweimal eingeäschert. Die ältesten Bauteile sind aus Hausteinen und sehr gutem Kalk
hergestellt; dann wurden nach der ersten Zerstörung verschiedene Teile rekonstruiert mit ungebrannten
und gebrannten Ziegeln und Kalk. Man sieht in den Mauern noch Stücke verkohlter Balken vom letzten
Vrand. Meiner Ansicht nach und den Scherbensunden zusolge dürste die letzte Zerstörung von Melek (oder
Mullah) Qäbä ungesähr vom 14. Iahrhundert datieren. Aber das Alter der ältesten Teile kann ich nichts
aussagen." Soweit de Morgan, der a. a. O. noch bemerkt, datz der von der eben beschriebenen Veste be-
herrschte Bezirk des wichtigen Lartales (Vahneh - Nehneh) von besonderer strategischer Wichtigkeit gegen
die früher iranfeindliche Bevölkerung MasenderLns war und überdies durch Höhlenbauten sowie Neste
einer sasanidischen Brücke und Felsreliess, sowie eincs alten Grabturmes ausgezeichnet sei. Zwei Tage-
reisen östlich von Demavend, in Firuskuh nahm O. Niedermayer 1912 eine Burg von ähnüch beherrschen-
der uneinnehmbarer Lage auf, von der allerdings nur mehr geringe Mauerreste stehen, deren Scherben-
sunde ich jedoch auch bis ins 11. Iahrhundert zurücksühre. Erwähnt seien endlich noch die durch die
Assassinen berühmt gewordenen Burgen, deren bekannteste Alamüt (Adlernest) in den Bergen nord-
westlich von Oaswin, als einstiger Sitz der Grotzmeister der Assassinen (1090/91—1266) ist. Die Burg
ist jedoch älterer Herkunst; sie wurde von dem Aliden Hasan al DL4 ilal Haqq 860 erbaut, bestand auch
nach der Mongoleneroberung fort und diente unter den Ssefewiden als Staatsgefängnis (Encyk. d. Isl.
262). Die Assassinen eroberten diese, sowie viele andere Felsenburgen in verschiedenen Teilen Persiens,
besonders im Gebiet des SchLhrüd, westlich von Qaswin serner in Armenien, Kleinasien und
Syrien. Erst der mongolische Croberer HülLgü Chan machte ihrer Herrschaft ein Ende. Er
nahm Alamut 1266 und bekam hundert andere Assassinenburgen ausgeliesert. Zwei davon,
Lembeser und Girdkuh, bei DanighLn, wollten sich nicht ergeben; die eine fiel nach einem Iahr,
während die andere 14 Iahre ausgehalten haben soll. (Litt. bei H. Bule, lüs dook ot Lor Nareo
kolo I 142 sf. und Nitters Crdkunde, Asien 6, 1, 688 fs). Von Alamüt sind nur noch geringe Mauerreste
übrig, deren Plan noch aussteht, desgleichen fehlen planmätzige Aufnahmen der anderen persischen
Assassinenburgen noch gänzlich. Das Naubrittertum hatte mit der Herrschast dieser Sekte in Persien
und den anderen von ihnen terrorisierten Ländern den Höhepunkt erreicht. Aber auch das Nittertum
im guten Sinne. Die starke Einwirkung auf die Kreuzfahrer, die in diesen Iahrhunderten in Syrien
ihre grötzte Machtentfaltung erlebten, konnte nicht ausbleiben.

*) De Morgan, NÄsion 8oientik. on Per86, I, 188 sf., IV, 133 ff.
 
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