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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 5
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Diez, Ernst: Burgen in Vorderasien
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0114

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wanseraien, die Nast- und Stapelplätze der Karawanen sind größtenteils durch festungsartige Mauern
geschützt. Häufig dienen derartige feste Plätze als Aluchtburgen, in die sich die Bewohner der Ebene bei
drohender Gefahr flüchten. In Gegenden, die dieser Gefahr besonders häufig ausgesetzt sind, so in den
an zeltende Turkmenenhorden grenzenden Gebieten Nordpersiens schützten sich die Bewohner durch
Türme, die über die Ebene verstreut gebaut wurden, und den Hirten und Ackerbauern rasche Zuflucht
ermöglichten. Solche Fluchtburgen primitivster Art, wie sie auch die Bewohner Westeuropas zur Nömer-
zeit laut den Neliefdarstellungen aus römischen Triumphalsäulen hatten, stehen in IrLn noch zu Hunderten
und wurden bis in die jüngste Zeit benutzt.

Ebensoweit reicht die zweite Gruppe der Burgen, die eigentlichen Fels-, Trutz- und Naubritter-
burgen. Vom Kleinasiatischen Hochland und dem Kaukasus bis hinüber in die wilden Bergländer des
Altai, Tien Schan und Himalaja krönen ihre Ruinen heute noch unwegsame Felskuppen und Felsgrate.
Sie beherrschten z. T. die großen ostwestlichen, China mit dem Westen verbindenden Karawanenstratzen.
Der Name der Stadt KandahLr an der indoafghanischen Königsstraße bedeutet nichts anderes als Klip-
penburg. Die meisten Felsstöcke der die Stadt umgebenden Ebene krönen seste Burgen. Ihr Alter
reicht z. T. weit zurück. So berichtet Hsüan Tsang, der berühmte chinesische Reisende, der 642 n. Chr.
aus Indien durch Sarikol im Pamir nach China zurückkehrte von der Burg einer chinesischen Prinzessin,
die auf ihrem Weg nach Persien zu ihrem dort regierenden königlichen Bräutigam Nuschirwan bei
Sarikol durch Näuber im Marsch aufgehalten und interniert vom Sonnengott heimgesucht wurde und
Mutter geworden dort eine Burg bauen ließ und ein Reich begründete. M. A. Stein*) glaubt, die Ruinen
dieser Burg in Kiz-Kurghan dem „Turm der Prinzessin" bei Sarikol identifizieren zu können. Ihre ge-
waltigen Mauerreste krönen das Ende eines Felssporns, der ein Defilee beherr,cht — die Lieblings-
position aller Felsburgen. Für das hohe Alter der turanischen Felsburgen zeugen die Schilderungen
im persischen Heldenepos Koüali — nomis.

Von den zahlreichen Felsenburgen Persiens und ihren Geschichten und Sagen seien hier nur einige
wenige herausgegriffen. Die ältesten Nuinen einer persischen Felsburg dürften wohl die Qäl'ä Atesch
GLh benannten bei Turschis im zentralen ChurLsLn sein, die ich 1913 aufsuchte. Der Name bedeutet
Feueraltarfestung, und der Ort soll eine Wohn- und Kultstätte der Zoroastrier gewesen sein, die sich im
Osten Persiens am längsten gegen den IslLm gehalten haben. Man steigt durch eine Felsschlucht, die
mit kyklopischen Mauern abgesperrt war, zu einem von Felsen umschlossenen Hochplateau empor, das
den Talschluß bildet. Dort finden sich noch Neste von kyklopischen Mauern, die indessen keinen Schluß
auf dieArt derBauten zulassen. Noch höher, auf einem beherrschendenFelsengrat sind Reste von gewal-
waltigen, aus Haustein gemauerten Substruktionen, deren Arsprung durch glasierte Tonscherben als
zweifellos seldschukisch (11.—13. Ih.) bestimmt ist. Kyklopische Mauerreste finden sich auch unten am
Geröllabhang vor dem Eingang in die Schlucht. Es ist sehr wahrscheinlich, daß hier eine vorislamische
Siedelung mit einer Felsenburg gestanden hat. Die geschützte Lage der letzteren wurde dann in seldschu-
kischer Zeit nochmals ausgenutzt. Auch die alte Burg von KirmLn, Qäbä-i-duchtar, die Mädchenburg
wird wohl mit Necht als sasanidische Gründung angesehen, die später von den Seldschuken wiederher-
gestellt wurde. Leider existiert noch kein Plan, noch eine brauchbare Beschreibung dieser imposanten
Veste. Besonders charakteristisch ist die Burg Dschelaleddin bei Dschadscharm in Nordpersien wegen
ihrer Form. Von einem ca. 45 m hohen, in die Ebene hinausgreifenden Felssporn aus beherrscht
sie weithin das ernste Bergland. Sie ist sechsseitig mit sechs mächtigen Rundtürmen aus Bruchstein
stark mit Mörtelverband gebaut. Der Eingang führt durch einen der Türme. Der Mauerkern ist fast 3 m
und trug einen geschlossenen gewölbten Wehrgang von 80 om Breite, wovon noch Teile erhalten
sind. In den Boden des Wehrganges und der Turmgelasse sind große, rot gebrannte, irdene Gefäße von
60 om Durchmesser eingelassen, die wahrscheinlich Vorräte bargen. Zwischen je zwei Türmen waren
zwei sich nach außen zu schmalen, unten kreisrunden Schlitzen verjüngende Schiehscharten. In der Süd-
westecke des Hofes befindet sich ein Brunnenschacht, der ursprünglich wohl zur Quelle hinabreichte, die

*) M. A. Stein, ktuins ok äesort (London 1912, 2 Bde.).
 
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