Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:
Radinger, Karl von: Amras, ein Fürstensitz der Renaissance
DOI Artikel:
Diez, Ernst: Burgen in Vorderasien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0108

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
90

Eine Erneuerung erfuhren auch die zwei großen Säle des Unterschlosses, welche einst die Kunst- und Nüst-
kammer beherbergt hatten. In ihnen fand eine reiche Wasfensammlung, im Hochschlosse eine Kollektion
von Kunstgegenständen aus den kaiserlichen Schlössern Aufstellung. So war Amras wieder zum Museum
geworden*).

Niemand hat wohl die bei den lehten Nestaurierungen begangenen Fehler lebhafter bedauert als Karl
Ludwigs Sohn, Erzherzog Franz Ferdinand d^Este. Begeistert sür die Kunst der Vergangenheit, ein eifriger
Förderer aller Bestrebungen, die auf Erhaltung des geschichtlichGewordenen zielen, wollte er Amras wieder
zu dem machen, was es gewesen, zu einem Fürstensitze im Sinne der Nenaissance. Hier gedachte er an der
Seite einer edlen Gemahlin, die er sich wie einst Ferdinand von Tirol nach seinem Herzen auserwählt,
mitten unter seinen Kunstschätzen von den schweren Sorgen eines verantwortungsvollen Amtes auszuruhen.
Das Schicksal hatte es anders bestimmt. Während die Nekonstruktionsarbeiten, mit denen Dombaumeister
Simon betraut war, noch im vollen Gange waren, fiel das Fürstenpaar dem ruchlosen Attentate von
Sarajewo zum Opfer. Amras war wieder verwaist, das alte Habsburger Schloß um eine traurige Erinne-
rung reicher geworden.

*) Das Uhrtürmchen wurde schon um 1900 als baufällig wieder abgetragen. Bei den Arbeiten von 1913 und 1914 erhielt
das Hochschloß wieder seine ursprüngliche Quaderbemalung, der spanische Saal seine Walmdächer, die Hofgalerien wurden ent-
fernt, an der Ecke der Küchenterrasse entstand ein neuer Turmbau, der alte Schloßturm wurde nach den alten Abbildungen wieder-
hergestellt.

Burgen in Vorderasien.

Von Dr. Ernst Diez, Wien.

^ ie Siedeluugsform der Burg als befestigter Herrensih tritt mit den ältesten geschicht-
l) lichen Spuren und Nachrichten in die geschichtliche Zeit ein. Sie erscheint in der Ge-
schichte der Menschheit als ein notwendiges Baugebilde, das die Kulturvölker durch be-
stimmte Entwicklungsperioden bis zu einem gewissen politischen und zivilisatorischen
Hochstand begleitet, um dann als überflüssig abzutreten. Daher kommt es, daß die Burg
bei verschiedenen Völkern zu verschiedenen Zeiten erscheint und ihre Blütezeit erreicht,
als Begleiterin ihres „Mittelalters", und daß sie in Weltreichen noch im Kolonialland
nötig erscheint, während sie im Mutterland längst überflüssig wurde.

Die Burg ist in der Negel der Wohnsih der landfremden Eroberer, die sich im eroberten Land festsetzen
und das ansässige Volk für sich arbeiten lassen. Ihre Voraussehung ist daher ein von — meist harmlos
friedlichen — Ackerbauern besiedeltes Land, als dessen Herr sich ein eroberndcs Volk aufwirft, das fortan
die aristokratische Oberschicht bildet. Dazu scheint allerdings noch eine rein geographische Voraussehung
zu kommen: das Gelände. Diese ist jedoch nicht allgemein gültig. Naturgemäß wurde der schwer zugäng-
liche Felsstock die gesuchteste Basis für den Burgenbau, doch konnte der Mangel an geeigneten Boden-
erhebungen in Flachländern der Sehung von festen Burgen nicht Einhalt gebieten. Ia gerade dieser Not
entsprangen die ingeniösesten Erfindungen der Befestigungskunst.

Spähen wir nunmehr über den bunten Teppich der Länder, in denen sich die alte Geschichte der Kultur-
menschheit abgespielt hat, nach Burgen und ihren Spuren aus, so finden wir schlechthin keines, wo sie
völlig fehlen oder gefehlt haben. Ansere heutigen Kenntnisse davon richten sich einzig nach dem Stand der
 
Annotationen