Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

DOI issue:
Nr. 5
DOI article:
Diez, Ernst: Burgen in Vorderasien
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0116
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Von den Burgen in Georgien, Armenien und Kleinasien kann ich hier nur summarisch das Nötigste
sagen, um im Rahmen zu bleiben. Lernten wir die Assyrer und ihre Vorfahren als Meister der Flach-
landburgen, die vorwiegend aus Ziegel aufgesührt waren, kennen, so müssen wir zweifellos die Arartäer
oder Chalder, die stärksten und einzig an Krast ebenbürtigen Feinde der Assyrer, als die ältesten
Steinbaumeister und Erbauer von Aelsenburgen annehmen. Die neuere Aorschung hat gezeigt, datz die
Lhalder aus Kleinasien im 9. Iahrhundert vor Christi nach Armenien vorgestotzen sind, und datz sie ein
Teil des gleichen Volkes sind, das die Bauten und Kulturen von Mykenä und Kreta geschassen hat. Die
Träger dieser Kulturen werden mit den Karern identisiziert, die durch ihre Kunst in Anlagen im leben-
digen Fels und im Mauerbau aus kyklopischen oder besser bearbeiteten Blöcken natürlichen Steins be-
rühmt waren*). Von ihren Feinden, den Assyrern, übernahmen die Chalder die Keilschrift, in der sie
ihre Geschichte aus die Felsen Armeniens schrieben. Die Hauptstadt des alten chaldischen Reiches war
Van am Vansee. Der dortige, von ihren Aelsenhöhlen durchlöcherte Zitadellenberg und der Felsrücken
vom nahen Toprak Qäl'ä trugen schon chaldische Burgen (die heutige Burg am Zitadellenberg (Abb. 70)
ist türkischen Arsprungs). Sagen und Reste bezeichnen noch manche andere Stätten chaldischer Zwingburgen,
so Guertschin Qäl'ä, die Taubenfeste auf einer Felseninsel im Armiasee, die später HülLgü Chan als

Schatzkammer diente. Äber die
Gestalt dieser sowie auch der
späteren armenischen Burgen
(ab S00 v. Chr.) wissen wir
freilich nichts. Ihr bester Schutz
war jedoch wohl immer ihre
exponierte Lage auf abstürzen-
den Felsgraten. Die höhere
Befestigungskunst dürfte den
Chaldern auch erst durch die
Assyrer, von denen sie auch die
Keilschrift übernahmen, ver-
mittelt worden sein.

Ich mutz es mir diesmal
ersparen, über die Anzahl von
Burgen zu berichten, deren
Ruinen heute noch in Georgien,
Armenien und Kleinasien von
zahlreichen sich befehdenden und
ablösenden Feudalgeschlechtern
zeugen. Die Tradition desBur-
genbaues in diesen Ländern hat
seit den ältesten Kulturzeiten, die uns durch die Denkmäler der Hettiter und Chalder bezeugt sind, gewitz
ununterbrochen bis in die neuere Zeit herauf bestanden, wo die Türken einzelne alte strategisch wichtige
Burgen in ihrer Art als Aorts ausbauten. In Georgien deuten die zahlreichen mit ziche Burg
endigenden Ortsnamen auf einstige Burgen**). Die Lehnsverfassung reicht in vorchristliche Zeit zurück
und bestand„mehr oder weniger verändert bis zurVereinigung Georgiens mitRutzland im Iahre1801"***).
Regste Bautätigkeit herrschte dort im 11. Iahrhundert. „Burgen besatzen fast alle bedeutenderen Feudal-
herren, aber wie an zahlreichen, noch heute nicht völlig zerfallenen Ruinen zu ersehen ist, waren es schwer-

*) Vgl. C. F. Lehmann-Haupt, Materialien zur älteren Geschichte Armeniens und Mesopotamiens (Berlin, Weidmann,
1907); ders. i. Klio 1906, 176 ff.; ders., Die bistor. Semiramis und ihre Zeit (Tübingen, Mohr, 1910); ders., Armenien einst und
jetzt (Berlin, Behr, 1910).

**) Mündliche Mitteilung von Ed. Küttler.

***) A. Leist, Das georgische Volk, 87 ff.
 
Annotationen