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von den Königlichen Preußischen pp. Höfen (Frankfurt 1706)" die gute Pflasterung und die vortrefflichen Häuser.
„Angleichen gibt es alda auch hübsche Kanäle, welche durch die Abteilungen der Stadt fließen und mit allerhand
sauberen AufziehbrüÄen auf holländische Art beleget sind."
Weniger gut vermochten sich die Bewohner Berlins mit der neuen Ordnung abzufinden. Die Bürgerschaft
hatte mit ihr wahrlich keinen guten Tausch gemacht, sie ward in ihren alten Freiheiten eingeengt, und die
strengen Festungsvorschriften heischten Befolgung. Aber was taten die Berliner nicht ihrem angestammten
Fürsten zuliebe, der seinen Märkern ein leuchtendes Vorbild männlicher Tugenden war und trotz mannigfacher
Härten sie zu unerhörten Leistungen zu begeistern verstand!
Mit welcher Gewissenhaftigkeit der Festungsdienst versehen wurde, dafür mögen einige Belege aus alten
Dienstvorschriften zeugen, die nachstehend angeführt sind*):
„Puncte, wonach sich die Wachten aufs den Posten in der guarnison zu richten (etwa um 1690).
Nr. 14: Wann und was in der Stadt hereinkompt, soll gleich auff der Hauptwacht angemeldet und auch also-
baldt von der bey dem Commandanten usw. angemeldet werden.
Nr. 17: And soll insonderheit wenn ein nebel auffstehet und sonstigen dunkels Wetter ist, der schlagbaum
zugehalten, was einpassiret, fleißig Examiniret und auch gar ein finsterer Nebel sein solte, die erste Brücke auff-
gezogen werden.
Nr. 18: Es soll auch acht gegeben werden, das die Brücken fleißig rein gemachet und der unflat nicht in die
Graben auch nicht Hauffenweise vor die Brücken geführet werde, sondern das die Lenthe, so die Brücken rein
machen, es in die Gründe führen.
Nr. 19: Die Brücken sollen des Sontages wie auch in den Festtagen wie auch bei Tage unter der Predigt
auffgezogen und Keiner eingelassen werden, ehe und bevor es dem Commandanten .. . angemeldet ist, und sollen
die Thoren von 8 biß halb 11 uhr; des Nachmittags von 2 biß 4 uhr zugemachet sein, außer diesen Stunden sindt
die Thor offen, damit die Leuthe auß und ein kommen können . . .
Nr. 30: . . . Übrigens hat jede Compagnie zu sehen, daß auff ihren Posten, so ihr angewiesen, auff den Wall
nicht allein auff den Batterien alles rein sei, sondern das unkraut so woll auff den Wall alß mich in den Fossibreen
fleißig abgemeiet und verbrennet werde, und damit sich ein jeder destomehr seine Dinge mit Fleiß und guter order
bestelle.
Zn einer Dienstanweisung für die Wache des „Neuen Tors" (am späteren Opernhaus) von 1698 heißt es:
18: Kein Vieh ist in der Contreescarpe, wie auch nicht zu leiden, daß einige Wege durch die Abdachung zu den
Graben gemacht werden.
19: Mit dem jeden Morgen sich anfindenden Bücksenmeister gehet allemahl ein Gefreiter von der Post (Posten)
mit, die Stücke (Geschütze), Kasten und Pulverthürmen zu visitieren, und soll dieser zugleich nach denen auff den
Wall gepflanzten Bäumen sehen, ingleichen nach den pallisaden, ob ihrer einige Schaden gelitten oder vom Winde
umbgerissen worden."
In einer gleichzeitigen Dienstanweisung für das „Spandausche Thor" lesen wir unter Nr. 2:
„Von dieser Post (Posten) wird der Zapfenstreich nach dem Bauhofs, durch das alte Thor nach der Lampe
(in der Spandauer Straße, wo damals das heut an der Marienkirche befindliche Kreuz stand) und wieder zurück
nach der Scharffrichtergasse durch nach die Mache, die Novelle aber auff dem Wall den Bauhoff vorbey, geschlagen."
Eine wertvolle, unsere Darlegungen in manchen Einzelheiten ergänzende Beschreibung der Befestigung gibt
der Architekt Christoph Pitzler in seiner handschriftlichen „Reysebeschreibung durch Deutschland, Holland
usw.", die sich aus der Technischen Hochschule in Charlottenburg als sorglich gehüteter Schatz befindet. Pitzler
besuchte 1693 Berlin und äußert sich über Aussehen und Eindruck der Festungswerke wie folgt:
„Die Stadt ist mit massigen Erdwällen fortif (iciert) mit einer faussebrage, deren Scarpe von ord. Steinen.
Die innere Böschung der Brustwehr von Steinen, die Graben voll Wasser und contrescarpe breit, deren Brust-
wehr --- Böschung von Steinen, die esplenade von Bäumern zwerch über verlegt, daß niemand so nahe daran
gehen kann. Die Wälle waren nicht sehr dick, darumb es sein Helle in denen Thoren; die flanque stund perp. aus
die courtine, die faussebrage aber perp. uf der Defenslinie. Inwendig in der Stadt am Wall an der Böschung
wahr eine schwache Maure 3. Friß hoch, daß niemand hinaufgehen solle; die Ravelin wurden von lauter Back-
steinen aufgeführet, die Mauren 82 dick mit doppelten Backst (einen) vor dem Hauß. Die Thoren fasteten die
faussebrage nicht mit ein, sondern stunden am Wall an, da denn vor dem Thor wieder ein Kleiner Graben; vor
dem faussebrage (--) Merck stunden stackete, auf ieder Brücke stunden 4. Thoren, nehmllich) 2. Zugbrückthore und
2. andere Thors, an dem Thor us der Brücke ging eine treppe hin und zu d. abtritten vor die soltadesca. Die Thore
wahren dunkelgrau und weiß angestrichen mit stacksten, die Zugbrücken mit carmin, und gab dein eingangs ein
fein ansehen. Zu anfang stund ein Thor mit einem schlagbaum, in dem Außgange die contreescarpe ein doppelter
schlagbaum mit Spize, so gleich aufging, daß 2. eingänge waren, us den Thor stunden ein Stockwerck, so zum Thcil
wohl gezieret, insonderheit das Leipziger, zum Theil auch nur schlagt (schlicht)."
Von den Toren bringt Pitzler 4 Skizzen. (Schluß folgt.)
H C. v. Eickstedt: Reglement und Instructionen für die Kurfürstlich Brandenburgischen Truppen, Berlin lS?7.
 
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