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der Burgwart

Zeitung üervereimgung zue Erhaltung deutscher Burgen
Herausgeber: Professor Boüo Ebharüt, Architekt, Berlin-Grunewalü
Burgverlag, G.m.b.H., Berlin-Drunewalö

21. Mrg.

SerBurgwart erscheint achtmal jährl. Bezugspr.1S,50Mk.jShrl.znzügl.S0°X>. Mitglieder ».Vereinigung z.
Erhaltung deutscher Burgen (Mindestbeitrag 10 Mk.jährl.) erhalten den Burgwart unentgeltlich frei ins Haus

Nr. 2.


Die Bedeutung der deutschen Burgen
für die Gegenwart.
Von Hans Heller.
er unglückliche Ausgang des Krieges und das damit zusammenhängende Ende der deutschen
Monarchien bedeutet weit mehr als nur eine unglückliche Episode im weltgeschichtlichen
Werden unseres Vaterlandes. Vielmehr stellt sich auch dem unbefangensten Beobachter
das Kriegsende als ein Wendepunkt nicht unseres staatlichen, sondern — was viel
mehr bedeuten will — unseres völkischen Daseins und seiner lebendigen
Entwicklung dar. Denn man kann bei einigem Nachdenken sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß mit
dem (hoffentlich nur vorläufigen) Ende unserer weltpolitischen Geltung der Bestand auch der unpolitischen völki-
schen Güter, die wir gemeinhin als deutsche „Ku ltu r" zu bezeichnen pflegen, aus das ernsteste bedroht ist. Es
ist kein „Zufall", daß die beste und reifste Entwicklungsstufe nahezu aller Kulturen, die sich in großen Schöpfungen
der Kunst ausdrückt, mit der Blütezeit der politischen, staatlichen Bedeutung der betreffenden Kulturkreise zu-
sammenfällt; daß die großen Engländer zu Elisabeths Zeiten, daß Frankreichs Geisteshelden unter Ludwig XIV.
lebten und schafften, daß die gleichen Zusammenhänge in Flandern, Serbien usw. bestehen*). Aus die inneren
Gründe für diese Erscheinung kann und soll hier nicht eingegangen werden. Nur eine Folgerung daraus ist wichtig,
die nämlich, daß mit der politischenAuss «Haltung des Volkes auch ein Herabsinken auf eine Stufe
der kulturellen Bedeutungslosigkeit verbunden zu sein scheint. Wir befinden uns gegenwärtig
in der Lage, weltpolitisch auf totes Gleis gebracht zu sein. And die Frage erhebt sich, wie der drohenden Gefahr
zu begegnen sei, daß wir durch solche Kaltstellung unser ehedem berechtigtes staatliches Machtgesühl und damit
unser deutsches Kulturbewußtsein verlieren möchten. Wir müssen es ohne parteipolitische Hintergedanken ge-
stehen, daß die nunmehr erledigten Monarchien einen weit besseren und günstigeren Rahmen für völkisches Be-
wußtsein und seine Pflege abgaben als die neue Verfassung, die bewußt die Grundsätze der „Menschlichkeit", frei
von nationalistischer Beschränkung, zu den ihren macht. Darum erhebt sich um so dringender die Frage, w i e
deutsche Kultur in ihrer schönen tiefen Einzigartigkeit auch jetzt zu erhalten
und das Bewußtsein davon im Volke zu pflegenund zu vertiefende i. Auch eine
Vereinigung, die sich die Erhaltung deutscher Burgen zur leitenden Ausgabe gemacht hat, geht die ernste Mah-
nung an, die in jener Fragestellung beschlossen liegt. Am folgenden soll kurz bezeichnet sein, daß und warum
gerade die deutschen Burgen die gegebenen schönsten Anknüpfungspunkte für unser Bemühen um
deutsche Kultur, deutsches Volksbewußtsein und vielleicht deutsche Wiedergeburt sein können und sollen.
Der Grund hierfür liegt zunächst äußerlich in der weiten Verbreitung, die Deutschlands Burgen und wehr-
hafte Bauten, sei es auch nur mehr in Ruinen, noch immer aufweisen. Sei's die hochthronende Burg der Rhein-
ufer, seis die bescheidenere Burg der norddeutschen Flachlande oder die Kirchenburg des baltischen oder Sieben-
bürgener Landes — wo immer im Bereiche deutscher Stammeszugehörigkeit es sei, die deutsche Burg hat ihre
mehr oder minder zahlreichen, ihre mehr oder weniger gut erhaltenen Vertreter. Diese Wehrbauten sind oft die
einzigen Zeugen entschwundener Zeiten, sind die letzten Male eines Zeitraums, der räumlich uns so fern liegt,
dabei ideell doch recht nahe steht. Denn die Burgen sind die Wahrzeichen der Jahrhunderte, die die Voraus-
setzung des unfern sind. And wie wir unsere unmittelbaren Vorfahren verehren, weil sie uns in ihrem Schoß ge-

') Diese Entwicklung trifft im Kernpunkt auch für Deutschland zu.
 
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