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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 29.1928

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Nr. 5/6
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Fremersdorf, Fritz: Das römische Köln: gekürzte Wiedergabe des Vortrages am Sonntag, den 17. Juni 1928, im Foyer des Stadtverordneten-Sitzungssaales
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https://doi.org/10.11588/diglit.35079#0123
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großer Gutshof untersucht, der außer einem Herrenhaus von etma 50 Nieter Front, reicher Innenausstattung,
heizbaren Zimmern und Badeanlagen nicht weniger als 11 landwirtschaftliche Gebäude der verschiedensten Art
enthielt. In diesem Falle ist es zum ersten Male gelungen, eine derartige Gutshosanlage vollkommen restlos zu
untersuchen, so daß wir jetzt auch über die genaue Baugeschichte des Herrenhauses unterrichtet sind, das um 50 n. Chr.
entstand, bis 400 benutzt wurde und während dieser Zeit sechs verschiedene Bauperioden dnrchgemacht hat. Zu
der Anlage gehörte ferner eine Umfassungsmauer, die diese kleine Stadt für sich nach außen hin abschloß. Es ge-
hörte ferner dazu eine Entwässerungsanlage und die Wasserversorgung, welch letztere vermittelst Ziehbrunnen
erreicht wurde, die einwandfreies frisches Wasser aus einer Tiefe von 22 in heraufholten. Schließlich wurden in
bisher nicht erreichter Vollständigkeit auch zwei Grabfelder ermittelt und untersucht, die zu dieser Anlage gehörten:
Einmal ein Brandgrüberfeld, auf dem im 1. und 2. Jahrhundert die verbrannten Leichenreste beigesetzt wurden;
und vor allem die Stelle, wo im 3. und 4. Jahrhundert die Familienangehörigen des Besitzers in großen steinernen
Sarkophagen beerdigt wurden, deren Ausgrabung uns eine Menge köstlichster Funde, u. a. Zeugnisse des ältesten
Christentums, geliefert hat.
Der Reichtum und der Wohlstand unserer heutigen Städte beruht zu einem guten Teil auf einer großen,
blühenden Industrie. Im Altertum ist es schon ganz genau so gewesen. Man braucht nur an Korinth oder Capna
zu denken, die mit ihren bemalten Vasen bzw. ihrem Bronzegeschirr die damals bekannte Welt versorgten. Auch
der Reichtum und die Bedeutung des römischen Köln beruhte zu einem guten Teil auf einer Reihe leistungsfähiger
Industrien. Da gab es Bronze-Gießereien und Werkstätten für Edelmetallkunst. Durch neue Funde sind 1924
ausgedehnte Gerbereien und Schusterwerkstätten mit Sicherheit nachgewiesen worden. Außerordentlich viel-
seitig waren die keramischen Betriebe, von denen wir durch Grabungen und Untersuchungen der letzten Jahre
zwei große Gruppen in der Nähe des Opernhauses und des Hauptbahnhoses kennengelernt haben. Sie stellten
Dinge der verschiedensten Art her: Schwarz gefirnißte Becher, zum Teil in Nachahmung von Metallvorbildern,
Trinkgesäße mit bunt ausgemaltem Rankenwerk und Inschriften, Kinderspielzeug, Theatermasken, Hohlformen
für Kuchen und Gebäck, Lämpchen für Öl und Talg; und dann vor allem zwei Gruppen von Dingen, die den Ruf
des römischen Köln weit in die Lande trugen: Einmal grün und gelb glasierte Gefäße in einer Art von Fayence,
und ferner die Terrakotten, d. h. jene kleinen tönernen Götterbilder, die zur Aufstellung in den Hausaltärchen und
als Weihegaben für Tempel als Ersatz der teueren Metallbilder dienten. Gerade diese Terrakotten sind von be-
sonderer Wichtigkeit, weil sich auf ihnen eine ganze Anzahl von Töpfern eigenhändig verewigt hat, die dazu noch
in zahlreichen Fällen ausdrücklich betonen, daß sie diese Dinge in Köln gemacht haben.
Wenn schon die Erzeugnisse dieser keramischen Betriebe dem Wettbewerb auch außerhalb Kölns standhalten
konnten, so hat eine andere Industrie, deren Vorhandensein der Reichtum und die Blüte Kölns in erster Linie ver-
dankt wird, zu ihrer Zeit nicht nur Vorbildliches geschaffen, sondern auch alles andere übertroffen, die südlichen
Mittelmeerländer nicht ausgenommen: Es waren die Glashütten. Die Zeit ihrer Entstehung ist noch ganz in
Dunkel gehüllt. Ihre Erzeugnisse können wir mit Sicherheit zum ersten Male in der zweiten Hälfte des 2. Jahr-
hunderts Nachweisen; es spricht aber manches dafür, daß sie in frühere Zeit, möglicherweise sogar bis an das Ende
des 1. Jahrhunderts n. Ehr., zurückreichen. Um 150 traten sie zum ersten Male mit Höchstleistungen auf und
versetzten die Welt damit in Staunen. Es ist das die Gruppe der sog. Schlangenfadengläser, so genannt nach dem
aufgelegten Fadenmuster, das in reichen Windungen die Oberfläche der Gläser bedeckt und wie ein in einem Zuge
hingeschriebener Namenszug wirkt. Hand in Hand damit gingen technische Neuerungen. Denn während das
Glas bis dahin in der Hauptsache flaschengrün und nicht entfärbt war, gelingt jetzt die Entfärbung bis zur völligen
Durchsichtigkeit der Masse. Außerdem wurden ganz neue, bis dahin unbekannte Formen erfunden, überhaupt die
Ausführung der Stücke in ihrer Wirkung auf das höchste gesteigert. Im 3. Jahrhundert war es sodann die Kunst
des Schliffes, durch die sich die Kölner Glashütten besonders hervortaten. Und es ist nicht zuviel gesagt, wenn
man betont, daß aus ihnen die größten Wunderwerke hervorgegangen sind, die wir kennen, die sog. Netz-
becher oder Vasa ckiatrsta. Aus gleichen Fundstücken, die an anderen Stellen, so am ganzen Rhein, in Frank-
reich, Holland, England, Dänemark, Belgien, gefunden find, können wir die Bedeutung ermessen, die Köln damals
als Handelsstadt gehabt haben muß: Schon damals hatte sie einen großen Teil des Handels mit dem ganzen Norden
in ihrer Hand.
^ Hundertfünfzig Jahre — etwa von 150—300 n. Ehr. — begrenzen die Blütezeit des römischen Köln. Kein
Schriftsteller berichtet uns hiervon, aber die Funde, die der Boden Jahrhunderte hindurch unversehrt wie in einem
Archiv ausbewahrt hat und die wir ihm nun in unseren Tagen entnehmen, reden eine nicht mißzuverstehende Sprache.
Mit dem Jahre 260 n. Ehr. tritt ein Wandel ein. Es ist die kritische Zeit, in der der Limes, die große 550 üin
lange Grenzwehr gegen die Germanen zwischen Rhein und Donau, von diesen endgültig überrannt wird und die
Germanen unmittelbar bis zum Rhein Vordringen. Damit wurde dieser gewissermaßen wieder, wie in der Früh-
zeit des Kaisers Augustus am Anfang des 1. Jahrhunderts, zur Reichsgrenze. Die Städte längs des Stromes,
die bis dahin ohne eigentliche Ummauerung geblieben waren, erhielten damals ihre erste Befestigung. Aber es
ist einleuchtend, daß die Germanen in der Folgezeit zu ungezählten Malen immer wieder den Versuch machten,
den Strom zu überschreiten und in das linksrheinische Imperium einzudringen. So entsteht eine Zeit dauernder
Unsicherheit, und dieser suchte man unter Konstantin dem Großen in etwa dadurch zu begegnen, daß man auf der
 
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