Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 29.1928

DOI Heft:
Nr. 5/6
DOI Artikel:
Fremersdorf, Fritz: Das römische Köln: gekürzte Wiedergabe des Vortrages am Sonntag, den 17. Juni 1928, im Foyer des Stadtverordneten-Sitzungssaales
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35079#0122
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
98

legenheit zu weitgehenden Feststellungen über die Topographie des römischen Köln. Allerdings dürfen wir eines
dabei nicht vergessen: Es wird in Köln niemals mehr — wie im stillen Trier — möglich sein, ganze Tempel auf
einmal und im Zusammenhang auszugraben. Was hier die eine oder andere Baustelle rein zufällig und oft genug
ganz zusammenhanglos ans Tageslicht bringt, das sind einzelne Mauersluchten oder auch nur Teile von solchen.
Aber wir müssen — wenn wir überhaupt ernstlich weiterkommen wollen — jeden, selbst den kleinsten Rest mit
peinlichster Genauigkeit festhalten, selbst wenn zunächst überhaupt nichts damit anznfangen ist. Nach zehn, Viel-
leicht nach zwanzig oder mehr Jahren werden bei einer anderen Gelegenheit vielleicht die Anschlüsse zu diesen Mauern
und damit erst der Schlüssel zum Verständnis des Ganzen gefunden. Eine solche Arbeit erfordert natürlich einen
ganz beträchtlichen Aufwand an Zeit und an Geduld; sie ist vergleichbar mit einem sehr umfänglichen Mosaikbild,
das aus zahllosen kleinen und kleinsten Steinchen zusammengesetzt werden muß. Gewiß, das eine oder andere
dieser Steinchen kann dabei fehlen, keineswegs aber wesentliche Teile, wenn nicht die Anschaulichkeit des Ganzen
darunter leiden soll. Hoffen wir zuversichtlich, daß uns die Stadtverwaltung in den kommenden Jahren mit ihrer
großen Bautätigkeit die notwendigen Hilfskräfte zur Verfügung stellen wird, die zur Durchführung dieser Arbeiten
unbedingt notwendig sind; sie wird sich damit selbst ein Denkmal von bleibendem Werte setzen.
Aus einer Nachricht des römischen Schriftstellers Tacitus wissen wir, daß beim Tode des Kaisers Angustus
im Jahre 14 nach Christi Geburt hier in Köln zwei Legionen in Garnison lagen. Wo dieses Legionslager zu suchen
ist, darüber ist im Laufe der Zeit sehr viel gestritten und geschrieben, allerdings so gut wie nichts an positiven Be-
weisen beigebracht worden. Nachdem wir nunmehr seit über fünf Jahren alle Erdbewegungen ans dem Stadt-
gebiet genauestens verfolgen, haben wir auch eine ganze Reihe sicherer Unterlagen für die Lage dieses Zweilegions-
lagers gewonnen, und wir konnten in diesen Tagen erstmalig den Versuch machen, dies auch planmäßig aufzu-
tragen und zur Darstellung zu bringen. Berücksichtigt sind dabei vor allem die Stellen, an denen handgemachte
Kochtöpfe im Charakter der Spät-la-Tene-Zeit und arretinische, d. h. im Altertum aus Italien eingeführte, Terra-
sigillata zutage kamen, beides Dinge, die hier am Rhein nur in den ältesten römischen Schichten der Zeit um Christi
Geburt bis etwa 20 n. Ehr. vorzukommen pflegen.
Fast alle unsere heutigen blühenden Städte am Rheinstrom gehen auf solche römischen Waffenplätze zurück:
Straßburg, Worms, Mainz, Bingen, Boppard, Koblenz, Andernach, Remagen, Bonn, Neuß, Tanten, Nijmegen
u. a. sind Beispiele dafür. Alle diese genannten blieben während der ganzen Zeit der römischen Herrschaft Festungen;
das macht verständlich, daß sie sich als Gemeinwesen nur unbedeutend entwickeln konnten. Bei Köln lagen die
Verhältnisse aber gerade umgekehrt. Im Zusammenhang mit der veränderten Rheinpolitik nach der großen Nieder-
lage im Teutoburger Wald wurden um das Jahr 40 die beiden hier lagernden Legionen nach Bonn und nach Neuß
verlegt und danach — wie die Überlieferung sagt, auf Betreiben der jüngeren Agrippina — hierher eine Veteranen-
kolonie gelegt. Mit anderen Worten war das der Geburtstag der heutigen Stadt. Begünstigt durch ihre Lage
am Knotenpunkt uralter Handelsstraßen nach Norden und dem Innern Galliens und frei von jeglicher militärischer
Einengung nahm diese Stadt in der Folge einen raschen und glänzenden Aufstieg. Kaufleute und Handeltreibende
ans aller Welt ließen sich hier nieder. Allein aus den Inschriften lernen wir eine ganze Reihe von Berufen der
Bewohner kennen; unter ihnen spielte der Händler eine besondere Rolle. Vergessen wir nicht, daß Köln in römischer
Zeit eine der allerbedeutendsten Städte nördlich der Alpen gewesen ist und wohl die reichste von allen: So hören
wir von Händlern für Tonwaren, für Parfümerien, für Steinwaren und für Holz; von Zimmerleuten, Bäckern,
Metzgern, Köchen, Stenographen, Musikern und Chorpfeifern; Ärzte und Rechtsanwälte fehlten ebensowenig wie
Mühlen- und Walkereibesitzer, und neben Munizipalgardisten finden wir Makler und Geldwechsler.
Wie schon eingangs betont, sind wir über das Aussehen der Römerstadt, ihre Anlagen und ihre Bauten noch
recht mangelhaft unterrichtet. Von dem, was heute noch über dem Erdboden zu sehen ist, ist das bedeutendste der
sog. Römerturm, der nordwestliche Eckturm der römischen Stadtbefestignng, dessen Außenseite mit interessanten
mosaikartigen Verzierungen in Kalkstein und Ziegel bedeckt ist. Ein zweiter Turm der Stadtmauer — unter
modernem Putz verborgen — steht an der Burgmauer in der Nähe des Domes. Außerdem sind vom ehemaligen
Nordtor der Stadt — Lorta Laxbia oder Pfaffentor, wie das Mittelalter es nannte — noch Reste vorhanden,
vor allem der eine Seitendurchgang, der gegenwärtig in den Anlagen vor dem Museum wieder aufgebaut ist.
Noch erhalten und zugänglich sind ferner eine Reihe unterirdischer Grabkammern, allen voran die große Anlage
von Weiden bei Köln, in der noch heute ein großer reliefgeschmückter Marmor-Sarkophag, zwei steinerne Sessel
in Nachahmung von Korbgeflecht, sowie drei Marmorbüsten von Mitgliedern der Familie im Original zu sehen
sind. Es ist dies die bedeutendste Grabanlage, die nördlich der Alpen überhaupt erhalten geblieben ist. Eine weitere
Grabkammer befindet sich in der Nähe des Dorfes Efferen bei Köln, worin zwei große schmucklose Sarkophage aus-
gestellt sind. Und schließlich ist eine dritte Grabkammer zu nennen, die 1925 unter der Severinskirche zutage kam und
wahrscheinlich die Beisetzungen römischer Bischöfe von der Wende des 4. und 5. Jahrh. enthält. Vom Aussehen einiger
Anlagen können wir uns aus Grund der Beobachtungen und Grabungen ein anschauliches Bild machen. Das gilt z. B.
von der römischen Rheinbrücke wie auch vom spätrömischen Kastell Deutz; und ebenso sind wir über den Verlauf der
Wasserleitung unterrichtet, die Köln mit frischem Trinkwasser versorgt hat, das über 77 Kilometer weit tief aus der Eifel
herangeholt worden ist. Durch neue Untersuchungen und Grabungen sind wir über die Außenbezirke verhältnismäßig
gut unterrichtet worden. Im Jahre 1926 wurde auf dem Gebiete des Sportparkes bei Köln-Müngersdorf ein
 
Annotationen