Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 29.1928

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Keune, Johann Baptist: Das römische Trier
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35079#0026
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
2

Das römische Trier.
Von Professor Or. pbil. ln c. Z. B. Kenne, Muserlmsdirektor i. R.
eich, sehr reich ist Trier an hervorragenden Bauwerken und kostbaren Kunstschätzen aus Mittelalter und
neuerer Zeit; bekannter aber, berühmt ist die Stadt durch ihre römischen Baureste und Bodenfunde.
Allein wenn es auch ungerecht und ungehörig ist, die Bedeutung der nachrömischen, der bischöflichen
und kurfürstlichen Stadt Trier zu übersehen, so ist der Ruhm der römischen Msvsronum, in der
Spätzeit Urevori, MevsrU geheißen, doch wohl begründet. Denn Trier hat ja eine stattliche Anzahl
von teilweise noch bis zur Höhe des Dachansatzes erhaltenen römischen Bauwerken aufzuweisen, wie sie selbst in
Italien gar nicht häufig sind. Sogar mit der Reichshauptstadt Rom können die großartigen Bauanlagen im
römischen Trier den Wettbewerb aufnehmen. Dies bekräftigt auch ein Augenzeuge, der im Jahre 310 n. Ehr.
zu Trier gewaltige Bauten entstehen sah, als deren Urheber er in einer damals zu Trier gehaltenen Rede den
Kaiser Konstantin, den Großen, preist. „Vor meinen Augen", sagt der Redner, „ersteht mit ihrem ganzen
Mauerring diese hochbeglückte Stadt wieder, die dank der Güte des Kaisers Geburtstag (ihre Wiedergeburt) feiert,
fo daß sie sich sozusagen freut über ihren einstigen Zusammensturz (gemeint ist die Zerstörung der Stadt im Jahre
259/260), da sie größer geworden durch des Kaisers Gnade. Vor meinen Augen sehe ich eine Wagenrennbahn,
die schier wetteifert mit dem Einem nmximus zu Rom, vor meinen Augen steigt eine Forumanlage mit den
zugehörigen Basiliken, königlichen Bauwerken als Sitz der Gerechtigkeit, zu solcher Höhe empor, daß sie künftig bis
zum gestirnten Himmel reichen werden."
Von den in dieser Rede genannten Bauwerken ist die Lage des der riesigen Wagenrennbahn zu Rom ebenbür-
tigen Trierer Eirous nicht einmal bekannt: wir wissen nicht, wo er zu suchen sein mag. Das von Konstantin ge-
schaffene Kaiserforum aber dehnte sich da aus, wo der heute wenig ansprechende Palastplatz sich ausbreitet, ein
vormaliger Exerzierplatz, der einen kurfürstlichen Hofgarten abgelöst hatte. Der an diesen Platz nördlich anstoßende,
himmelanstrebende Ziegelbau ist der teilweise bis zum Dach erhaltene, teilweise wiederhergestellte Kern eines einst-
mals mit hemaltem Stuck verkleideten, von Säülengängen und einer Vorhalle umrahmten, mit Marmor und Mosaik
reich geschmückten Bauwerkes, welches mit Bezugnahme auf die angeführte Rede gewöhnlich als Basilika, d. h.
Gerichts- und Markthalle, gedeutet und bezeichnet wird, während der Bau nach anderer Ansicht die Aufgabe, die er
in nachrömischer Zeit erfüllt hat, als IMlatlmn oder Residenzpalast zu dienen, von Anfang an, seit Kaiser Konstantin
dem Großen, gehabt hätte. Auf der Südseite des Platzes dehnt sich eine noch viel großartigere Bauanlage aus, ein
riesiger Bäderpalast, jetzt „Kaiserthermen" (früher unzutreffend „Kaiserpalast") benannt, von dem noch Teile
der Umfassungsmauern des Warmbades (Ealämium) in die Höhe ragen, weil sie in die mittelalterliche Stadtbe-
festigung einbezogen waren. Es ist das in alten Urkunden als „Alte Burg" bezeichnete Bauwerk, in dem eines der
hohen Fenster des Oberstockes als Stadttor, „Altport" (Altes Tor) geheißen, diente. Auch auf der Ostseite des Platzes
wurden bei Gelegenheit der Neubauten des Provinzialmuseums Reste eines durch Brand zerstörten Prunkbaues
freigelegt, mit Mosaikfußböden, von welchen einer Wagenrennen darstellt, ein anderer aber Bilder vor Augen
führt, die auf Dichtkunst, Musik und Schriftstellerei sowie auf den Wechsel der Jahreszeiten Bezug haben.
„Basilika" oder „Palatium" und „Kaiserthermen" stehen nachweislich in einem Gelände, wo schon vorher
Römerbauten gestanden hatten, die jedoch, ver-
mutlich bei dem Einbruch der Germanen in die
gallischen Provinzen im Jahre 259/260 n. Ehr.,
eingeäschert waren und bis in die Zeit des
Kaisers Konstantin noch in Trümmern lagen.
Mit der gesamten, heute größtenteils verschwun-
denen Umrahmung des Kaiserplatzes sind jene
jüngeren Bauwerte um 310 n. Chr. entstanden
im Zusammenhang mit einer großzügigen Stadt-
erweiterung und Stadtbefestigung, die
gewiß nicht erst von Konstantin in Angriff ge-
nommen, aber doch von ihm zum glücklichen Ab-
schluß gebracht worden ist, wie auch eine in der
Münzstätte Trier geprägte goldene Denkmünze
bestätigt. Der neugeschaffene Mauerring, der
eine Länge von 6418 m oder über 12/^ Stunden
hatte, umspannte eine Fläche von 2,85 güm
(285 da), also einen Raum, der den Flächen-
raum des mittelalterlichen und bis 1888 auch
des modernen Trier (125 Im) um mehr als das
Doppelte und den des römischen Köln (gegen


Abb. 2. Trier, korta niZNÄ von der Landseite (Norden).
 
Annotationen