Ser Burgwart
Zeitung üervereimgung zur Erhaltung deutscher Burgen
Herausgeber: Professor Boöo Ebharüt, Architekt, Berlin-Grunewalü
Burgverlag, G.m.b.H., Berlin-Grunervalö
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ZI. Jahrgang - ver Burgwart erscheint sechsmal jährlich ^ Bezugspreis 1,50 Mark sür den Bogen - Nummer- 1 /4
1 ^ZO ß Mitglieder der Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen erhalten den Burgwart unentgeltlich 5
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Die Kiburg.
Von Prof. Or. Hans Lehmann.
?n der Ostschweiz, d. h. im weiten Gebiete des ehemaligen Thur-Gaues, erfreut sich die Kiburg eines
' ähnlichen liebevollen Gedenkens beim Volke wie im alten Aare-Gau die Habsburg. War es dort die
^ Milde, d. h. die Freigebigkeit, der ehemaligen Schloßherren, namentlich der beiden letzten, welche schon
zu deren Lebzeiten von dem Minnesänger aus dem Geschlechts von Wengen, einem Dienstmanne der
Grafen von Toggenburg, im Liede gepriesen wurde, so sicherte den Habsburgern besonders die in Ge-
schichte und Sage gepriesene Leutseligkeit Rudolfs, des Neffen der beiden Kiburger und späteren deutschen Königs,
eine Volkstümlichkeit, welche selbst die Kriege der Eidgenossen mit seinen Nachfolgern nicht auszutilgen vermochten.
Es liegt darum in der Volksseele begründet, wenn die Burgen beider Geschlechter bis auf den heutigen Tag mit
Vorliebe zum Wanderziele der Bewohner jener Gegenden gemacht werden, über die sie seit Jahrhunderten hinweg-
schauen und deren Schicksale sie in gewissem Sinne teilten. Mehr als einmal drohte ihnen im Wandel der Zeiten
der Untergang. Zuletzt nicht mehr zufolge kriegerischer Unternehmungen, in deren Bereich sie einbezogen wurden,
sondern der Habsucht von Menschen, die bei der Kiburg sogar nicht davor zurückschreckten, ihr ehrwürdiges Gemäuer
als Steinbruch für eine moderne Fabrikbaute in Vorschlag zu bringen, wie einer solchen die Burg des obengenannten
Sängers, unweit Frauenfeld, wirklich zum Opfer fiel.
Schon vor dem Aussterben der Kiburger Grafen im Jahre 1264 wählten sie ihre Stammburg nur noch zu
längerem Aufenthalt, wenn Amtsgeschäfte sie darin fesselten. Denn einerseits waren ihnen im großen Erbe der
Grafen von Lenzburg und darauf in ihrem Anteil an dem der Herzöge von Zähringen bessere Burgen zugefallen.
Andererseits hatte der ältere Hartmann die benachbarte, im GesichtsUeise des Stammschlosses liegende Mörsburg
als leichter zugänglichen Wohnsitz erworben und dazu seiner Gattin als Witwensitz im Sumpfsee bei Effretikon iu
der Moosburg ein wohlgesichertes neues Heim geschaffen. Darum mochte es schon damals stille auf der hoch und
einsam gelegenen Kiburg geworden sein. Und als sie darauf Rudolf von Habsburg, mehr gewaltsam als mit wohl-
begründeten Rechtsansprüchen, mit weitem Gebiete der letzten Kiburgerin trotz zwiefachen Verwandtschaftsbandes
wegnahm, da mag ihn mehr der Glanz und Reichtum des erlöschenden Dynastengeschlechtes als das alte Bauwerk
selbst veranlaßt haben, dessen Namen dem eigenen beizufügen. Doch ließen ihm schon bald die weitverzweigten
Geschäfte eines deutschen Königs keine Muße zu bleibendem Aufenthalte auf dem neuen Besitze. Auch als nach der
Ermordung seines Sohnes, des Königs Albrecht, aus dem Windischer Felde im Jahre 1308° dessen verschüchterte
Gattin, Elisabeth von Tyrol, mit ihrer unglücklichen Tochter Agnes, der Witwe des Königs Andreas III. von Ungarn,
und ihrer schwächlichen Stieftochter Elisabeth, der Thronerbin, dort eine sichere Zuflucht suchte, mag dieser kurze
Aufenthalt wohl manch notwendige Verbesserung vernachlässigter Wohnbedürfnisse, nach der Überlieferung sogar
eine Verschönerung der Schloßkapelle bewirkt haben, doch ohne dem ehemaligen Dynastensitze den verblichenen
Glanz zurückzugeben. Auch die Verwendung der letzteren als Aufbewahrungsort der Reichskleinodien und des Krö-
nungsornates der deutschen Könige, die schon Rudolf durchgesetzt hatte, verdankte die Burg wohl nur ihrer Lage
in der sicheren Einsamkeit seines eigenen Gebietes. Den zahlreichen Pilgern aber, welche fortan nach der Burg-
kapelle wallfahrteten, lenkte frommer Glaube an die Kraft der kostbaren Reliquien, die den Kleinodien beigesellt
waren, ihre Schritte dorthin. Schon seit den Zeiten König Albrechts verwalteten Vögte der Herzöge von Österreich
auf der Kiburg das zu ihr gehörende ausgedehnte Ländergebiet. Doch war die Geldnot der Besitzer nicht geeignet,