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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 31.1930

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Nr. 1/2
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Koch, Konrad Albert: Stadt Leutkirch
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https://doi.org/10.11588/diglit.35020#0017
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Abb. 10. Stadt Leutkirch von Westen um 1750. Nach einer Zeichnung von K. A. Koch.


Stadt Leutkirch.
Von K. A. Koch.
Iie Oberamtsstadt Leutkirch liegt im württembergischen Allgäu auf der von dem Ort benannten Leutkircher
1 Heide. Der Ort hat seinen Namen von der alten St. Martinskirche auf dem benachbarten Hohenberge
und den Leuten auf der Leutkircher Heide und ist Wohl schon im 7. Jahrhundert von St. Gallen aus zwischen
dem Hohenberg und der Eschach gegründet worden, nach anderen im Jahre 827. Die ursprüngliche Sied-
lung hieß Ufhofen, d. h. Oberhofen (766), im Gegensatz zu dem in der unteren Vorstadt aufgegangenen
Mittelhofen und zu dem noch bestehenden Niederhofen, und wird gelegentlich auch nach dem Namen des Gaus, dessen
Malstätte hier bei der Kirche war, „Nibelgau" genannt, endlich (erstmals 848) nach der Kirche für einen weiten Bezirk
„Leutkirch". Als befestigter Platz, Burgum, erscheint der Ort 1239. Im Jahre 1293 erhielt Leutkirch vom Kaiser die
Rechte der Stadt Lindau a. B. (wurde also freie Reichsstadt). Wie die anderen Reichsstädte, stand auch sie unter einem
kaiserlichen Landvogt und empfing 1336 von Kaiser Ludwig sogar das Privilegium, vor keinem fremden Gerichte er-
scheinen zu müssen, welches 1438 Kaiser Albrecht I. und 1502 Kaiser Maximilian 1. bestätigten. Ungeachtet der Be-
günstigungen, wurde sie von mehreren Kaisern und zu verschiedenen Zeiten als Pfand versetzt, und nicht selten geschah
es, daß der nämliche Kaiser, welcher ihr einige Jahre zuvor das glänzendste Privilegium erteilte, sie nicht nur an den
ersten besten Fürsten verpfändete, so sie auch gar nicht mehr einlöste. Wenn daher die Stadt ihre Freiheit wieder er-
halten wollte, so blieb ihr kein anderes Mittel, als sich selbst loszukaufeu, was dann auch geschah, bis wieder ein anderer
Fürst dasselbe Spiel mit ihr begann. — Im Jahre 1525 zeigte sich die Stadt der Reformation sehr geneigt, und ob-
gleich die neue Lehre in ihren Mauern selbst bedeutende Feinde hatte, so drangen diese nicht durch, sondern sie nahm
1546 die lutherische Religion förmlich an. Auch der 30jährige Krieg hatte viele Beschwerden über die Stadt gebracht.
In den Jahren 1574, 1611, 1628, 1629 und 1635 hatte die Stadt sehr viel durch Pest zu leiden. Im erstgenannten Jahre
starben innerhalb 6 Monaten 700 Personen, und im letztgenannten Jahre raffte sie von 1500 Erwachsenen 1400 weg.
Am 26. August 1540 brannte ein großer Teil der Stadt ab; auch hatte sie in den meisten französischen Kriegen mit
Deutschland sehr viel zu leiden, bis sie 1802 an Bähen: und 1810 an Württemberg kam.
Fassen wir zuerst die Befestigung der Stadt ins Auge, so zeigt sich die rundlichte unregelmäßige Grundform von
allen Seiten ummauert, aber ohne besondere Vorwerke und Zwingeranlagen. Der Stadtgraben, der leicht vom nahe
vorbeifließenden Eschenbach gespeist werden konnte, führte rings um die Stadt herum; heute ist er zum größten Teil
zugeschüttet. Mit Hilfe der Merianschen Zeichnung von der Vogelschau können wir uns noch heute ein Bild mit ihren
einstigen Türmen und Toren entwerfen, wie sie, von der Ebene aus gesehen, sich dargestellt hat (siehe Abb. 10).
Ihren größten Umfang erreichte sie schon im 14. Jahrhundert, um dessen Mitte sie 300 Wohnhäuser zählte. Die
Reste der Stadtmauer sind in längerem Zug vom Bockturm ans gegen Süden am oberen Stadtgraben zu ver-
folgen, die Häuser der Schneegasse sitzen aus ihr (s. Abb. 11). Auch ihre Fortsetzung am hohen Haus nördlich vom Bockturm
und ihr weiterer Verlauf entlang dem Stadtgraben zur Ringpromenade hinab ist an der Hänserslucht zu erkennen.
Der Bockturm oder Blaserturm (L. U.) verstärkt die Stadtbefestigung und diente auf seiner Anhöhe dem Hochwächter
 
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