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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 31.1930

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Nr. 3/6
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Nonn, Konrad: Die Schweizer Burgenfahrt 1930
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https://doi.org/10.11588/diglit.35020#0033
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Rudolf von Habsburg uach einem sehr verwickelten Erbvorgange Ansprüche ans die Herrschaft erheben; es gelang
ihm sogar, sich gegen den Bischof von Straßburg durchzusetzen, und schließlich taufte er Teile des in der Hand von
Vettern befindlichen Besitzes zurück, so daß er jetzt der eigentliche Herr der Herrschaft Kyburg war und sich auch nach
diesem Besitze zeitweilig nannte, um seine Ansprüche zu bekräftigen.
Dies die Erdgeschichte des Hauses Habsburg in ihrem ersten großen. Anfänge.
Aus dem reichen Inventar der Burg werden sich wohl die meistens besonders der Waffenkammer erinnern.
Von besonderen: Wert ist die uralte Kapelle mit ihren teils noch romanischen Formen und den aufgefundenen und
wiederhergestellten Wandmalereien. Im malerischen Schloßhof wurde uns ein Trunk schweizerischen Weines kre-
denzt, der nach dem heißen und anstrengenden Tage besonders mundete.
Auch die Kyburg ist wieder ein besonders schönes Beispiel für den denkmalpflegerischen Geist, der sich in der
Schweiz in einer großartigen Weise betätigt. Es ist nicht allein der Fremdenverkehr, welcher hier etwa den Anreiz
zur Erhaltung bildete. Dieser ist ja erst verhältnismäßig jungen Datums. Die wenigen Jahrzehnte, seitdem das
Reisen in der heute üblichen Weise aufkam, wären nicht imstande gewesen, diesen Geist hervorzurufen, eher hätte er


Abb. 15. Burg Wildegg, Wohn- und Prunkzimmer.

dadurch ansarten können. Was die Schweiz an gepflegten Altertümern besitzt, erfreute sich von jeher aus innereil
Gründen der sorgsamsten Hütung, denn sonst würden wir diese Schätze heute nicht mehr bewundern können. Die
Ursache liegt tiefer: in dem gesunden, konservativen Sinn, in dem Stolz auf eine große Vergangenheit, der über die
Gegensätze, welche das Leben einst bewegten, geschichtlich und weltmännisch denken lehrt. Mit Beschämung hat wohl
mancher in unserem Kreise still daran gedacht, wie engherzige Parteiwirtschaft im heutigen Deutschland mit einem
geradezu herostratischen Mute daran gehen möchte, die Erinnerungen an die große Vergangenheit des Vaterlandes
womöglich völlig auszulöschen, ja den Kindern in der Schule die Kenntnis selbst des Weltkrieges nach Möglichkeit
zu verfälschen und ganz durch parteipolitische Legendenbildung zu ersetzen. Diese Herostraten erkühnten sich, die Be-
seitigung des Denkmals Friedrichs des Großen unter den Linden als Verkehrshindernis zu verlangen, um nur eines
unter den vielen Beispielen zu nennen, ganz abgesehen von den: lächerlichen Kriege gegen die Hoheitszeichen des
Kaiserreiches, welche das Selbstbewußtsein der gegenwärtigen republikanischen Beschwerdestellen ständig zu be-
drängen scheinen. Auch der stille Vernichtungskrieg in Sanssouci gegen alle nach Friedrich den: Großen dort ent-
standenen Schöpfungen bedeutet keine Ehrfurcht gegen diese geweihte Stätte, wie sie geübt werden sollte, sondern
ist unter dem Deckmantel eines überselbstbewußten Puritanismus versteckter Haß gegen die sogenannte Wilhel-
minische Periode; die Großtaten des letzten preußischen Hohenzollernkönigs auf den: Gebiete der Künste und
Wissenschaften aber sind unauslöschlich; brüsten sich doch selbst seine unmittelbarsten politischen Nachfolger z. B. mit
der Vollendung des Pergamonmuseums. Um so höher aber wollen wir daher die, wenn auch kleinen Erfolge der
deutschen Denkmalpflege einschätzen, welche trotz aller Widerigkeiten und inneren Hemmungen immer noch erreicht
werden. Geschichtlicher Sinn, künstlerisches Empfinden und das Bewußtsein eines blutsmäßigen Zusammenhanges
aller Stände eines Volkes sind Naturkräften vergleichbar, die gleich den Lebenssäften eines Baumes auch im här-
testen Winter weiterbestehen und in wetterharten Knospen den Frost überdauern.
 
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