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baren Spuren der vorgeschichtlichen Eiszeit. Die Bronze-
zeit lieferte die ersten Funde, die die Besetzung des
Felsens durch den Menschen beweisen, so daß die Ge-
schichte Chillons bis 2000 v. Ehr. zurückzuführen ist.
Auch die Römer hatten sich dort festgesetzt, ihre Bauten
wurden im 4. Jahrhundert von den Germanen weiter-
benutzt, jedoch sind diese Angaben nur wahrscheinlich
und nicht durch beweiskräftige Funde sicher belegt.
Aber es sind eine ganze Reihe von aufeinanderfolgenden
Besiedlungen feststellbar, deren Einzelheiten gegen-
einander verwischt sind. Mindestens gehen sie auf
das 9. Jahrhundert zurück. Die geschriebene Ge-
schichte schweigt noch, aber das Schloß existierte be-
reits, die Steine reden. Wahrscheinlich hauste hier
eine kleine Garnison, denn die Straße über den
großen St. Bernhard führte bei Chillon vorbei; der
Paß wird auch in den frühesten Zeiten bereits ein
Verkehrsweg gewesen sein.
Teils über, teils unter dem Boden finden, sich
dann Reste aus dem 13. Jahrhundert. Die erste schrift-
liche Urkunde aber stammt aus dem Jahre 1005. Vom
12. Jahrhundert ab wird die Geschichte beredter. Das
Schloß gehört dem Bischof von Sion. Seit dem
13. Jahrhundert residieren hier die Grafen von
Savoyen. Damit werden die Anknüpfungspunkte ge-
wonnen für die geschichtliche Bedeutung, die Chillon
besitzt. Aber die Einzelheiten sind zu zahlreich, um
auch nur einige herauszugreifen. Das Schloß kennt
eine savoyardische Zeit, die etwa bis 1536 dauert. Es
folgt eine Berner Epoche bis 1798; dam: eine Valliser,
die noch in unsere Zeit hineindauert. Seit 1803 be-
findet sich das Schloß im Besitz des Kantons Vallis.
Es hatte aufgehört, ein Herrensitz großen Stiles zu
sein. Jmmemehr war es herabgesunken, seit die
Gefängnisse des Schlosses seinen Hauptgebrauchszweck
darstellten. Die Berner verbrannten hier ihre Hexen
und Ketzer, sie brachten in den Kellern ihre Magazine
fiir die kleine Seeflotte unter; als die Zeiten weniger Wb. 18. Burg Schwyz m Bellinzona, Torturm mit Zugbrücke.
rauh wurden, erfreute sich das Gefängnis von Chillon
sogar einer gewissen gemütlichen Berühmtheit, selbst wenn Lord Byron sein bekanntes Lied auf anderen Ton stimmte.
Die Nachfahren Bonivards jedenfalls bemühten sich, ihre Zeit damit auszufüllen, die Eindrücke der Schritte Boni-
vards frisch zu erhalten, die den sentimentalen Besuchern des Schlosses so teuer waren und für viel Geld gezeigt
wurden. Einer der letzten in Chillon Inhaftierten war der ruchlose Mörder der Kaiserin Elisabeth von Österreich.
Erst 1842 entstand der Wunsch, wenigstens einen der Säle des Schlosses zu einem Museum herzurichten, was
aber nicht geschah. Als dann endlich 1887 eine Gesellschaft zur Erhaltung des Schlosses begründet wurde, setzte die
Forschung und die Denkmalpflege ein, mit welcher der Name Naef untrennbar verknüpft ist.
Auch eine Beschreibung des Schlosses würde hier zu weit führen; es wäre nicht zu entscheiden, wo sie beginnen
sollte und was auszulassen wäre. Alles ist bedeutend, großartig in der Form, bedeutungsvoll nach dein Inhalt und
der Geschichte, einzigartig im Pflegsamen Zustande der Erhaltung. Es gibt keinen zweiten Fleck auf Erden, der Chillon
in irgendeinem Punkte auch nur ähnlich ist. Wer sich kurz unterrichten will, der hat das Heftchen erworben, welches
Prof. Naef im Verlage Boissonnas in Genf herausgegeben hat. Wir können der Arbeit dieses Forschers nur da-
durch in kleinem Maße gerecht werden, daß ihm nochmals aufs herzlichste für seine eindringlichen Erklärungen ge-
dankt wird, die uns allen den Eindruck seines völligen Aufgehens in sein Lebenswerk hinterlassen haben.
Er begleitete uns auch an die weiteren Stellen seines Wirkens, die wir nach Chillon aufsuchten. Vorher aber
bot uns der Kanton Waadt in dem prächtigen Saale einen Imbiß, bei welchem sich Seine Kölngliche Hoheit Prinz
Oskar von Preußen von uns verabschiedete.
Das kleine Bergstädtchen Grnysres, ein unberührter Flecken von einigen Häusern, die sich um die Burg
schmiegen, gibt ein hübsches Bild einer der kleinen Siedlungsgemeinschaften im Schutze eines ritterlichen befestigten
Hauses. Alles ist wohlerhalten, wie es sich leicht ergibt in Orten, die von der großen Straße abseits liegen. Das
baren Spuren der vorgeschichtlichen Eiszeit. Die Bronze-
zeit lieferte die ersten Funde, die die Besetzung des
Felsens durch den Menschen beweisen, so daß die Ge-
schichte Chillons bis 2000 v. Ehr. zurückzuführen ist.
Auch die Römer hatten sich dort festgesetzt, ihre Bauten
wurden im 4. Jahrhundert von den Germanen weiter-
benutzt, jedoch sind diese Angaben nur wahrscheinlich
und nicht durch beweiskräftige Funde sicher belegt.
Aber es sind eine ganze Reihe von aufeinanderfolgenden
Besiedlungen feststellbar, deren Einzelheiten gegen-
einander verwischt sind. Mindestens gehen sie auf
das 9. Jahrhundert zurück. Die geschriebene Ge-
schichte schweigt noch, aber das Schloß existierte be-
reits, die Steine reden. Wahrscheinlich hauste hier
eine kleine Garnison, denn die Straße über den
großen St. Bernhard führte bei Chillon vorbei; der
Paß wird auch in den frühesten Zeiten bereits ein
Verkehrsweg gewesen sein.
Teils über, teils unter dem Boden finden, sich
dann Reste aus dem 13. Jahrhundert. Die erste schrift-
liche Urkunde aber stammt aus dem Jahre 1005. Vom
12. Jahrhundert ab wird die Geschichte beredter. Das
Schloß gehört dem Bischof von Sion. Seit dem
13. Jahrhundert residieren hier die Grafen von
Savoyen. Damit werden die Anknüpfungspunkte ge-
wonnen für die geschichtliche Bedeutung, die Chillon
besitzt. Aber die Einzelheiten sind zu zahlreich, um
auch nur einige herauszugreifen. Das Schloß kennt
eine savoyardische Zeit, die etwa bis 1536 dauert. Es
folgt eine Berner Epoche bis 1798; dam: eine Valliser,
die noch in unsere Zeit hineindauert. Seit 1803 be-
findet sich das Schloß im Besitz des Kantons Vallis.
Es hatte aufgehört, ein Herrensitz großen Stiles zu
sein. Jmmemehr war es herabgesunken, seit die
Gefängnisse des Schlosses seinen Hauptgebrauchszweck
darstellten. Die Berner verbrannten hier ihre Hexen
und Ketzer, sie brachten in den Kellern ihre Magazine
fiir die kleine Seeflotte unter; als die Zeiten weniger Wb. 18. Burg Schwyz m Bellinzona, Torturm mit Zugbrücke.
rauh wurden, erfreute sich das Gefängnis von Chillon
sogar einer gewissen gemütlichen Berühmtheit, selbst wenn Lord Byron sein bekanntes Lied auf anderen Ton stimmte.
Die Nachfahren Bonivards jedenfalls bemühten sich, ihre Zeit damit auszufüllen, die Eindrücke der Schritte Boni-
vards frisch zu erhalten, die den sentimentalen Besuchern des Schlosses so teuer waren und für viel Geld gezeigt
wurden. Einer der letzten in Chillon Inhaftierten war der ruchlose Mörder der Kaiserin Elisabeth von Österreich.
Erst 1842 entstand der Wunsch, wenigstens einen der Säle des Schlosses zu einem Museum herzurichten, was
aber nicht geschah. Als dann endlich 1887 eine Gesellschaft zur Erhaltung des Schlosses begründet wurde, setzte die
Forschung und die Denkmalpflege ein, mit welcher der Name Naef untrennbar verknüpft ist.
Auch eine Beschreibung des Schlosses würde hier zu weit führen; es wäre nicht zu entscheiden, wo sie beginnen
sollte und was auszulassen wäre. Alles ist bedeutend, großartig in der Form, bedeutungsvoll nach dein Inhalt und
der Geschichte, einzigartig im Pflegsamen Zustande der Erhaltung. Es gibt keinen zweiten Fleck auf Erden, der Chillon
in irgendeinem Punkte auch nur ähnlich ist. Wer sich kurz unterrichten will, der hat das Heftchen erworben, welches
Prof. Naef im Verlage Boissonnas in Genf herausgegeben hat. Wir können der Arbeit dieses Forschers nur da-
durch in kleinem Maße gerecht werden, daß ihm nochmals aufs herzlichste für seine eindringlichen Erklärungen ge-
dankt wird, die uns allen den Eindruck seines völligen Aufgehens in sein Lebenswerk hinterlassen haben.
Er begleitete uns auch an die weiteren Stellen seines Wirkens, die wir nach Chillon aufsuchten. Vorher aber
bot uns der Kanton Waadt in dem prächtigen Saale einen Imbiß, bei welchem sich Seine Kölngliche Hoheit Prinz
Oskar von Preußen von uns verabschiedete.
Das kleine Bergstädtchen Grnysres, ein unberührter Flecken von einigen Häusern, die sich um die Burg
schmiegen, gibt ein hübsches Bild einer der kleinen Siedlungsgemeinschaften im Schutze eines ritterlichen befestigten
Hauses. Alles ist wohlerhalten, wie es sich leicht ergibt in Orten, die von der großen Straße abseits liegen. Das