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Buschbeck, Ernst H.
Frühmittelalterliche Kunst in Spanien — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 59: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.61073#0014
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der durchscheinende oder dunkelglühende Granaten und
Almandine seltsam zusammenklingen. Einst müssen sie
auf dem reichen Flächenschmuck von farbigem Marmor
und Mosaiken prachtvoll flimmernde Akzente gebildet
haben.

Von Wandmalereien des frühen Mittelalters hat sich in
Spanien nichts erhalten. Dagegen blüht vom Ende des
neunten bis zum Beginn des zwölften Jahrhunderts in
Nordspanien eine reiche und sehr merkwürdige Minia-
turenschule, die sich mit besonderer Vorliebe auf ein
sonst im Mittelalter wenig gepflegtes Gebiet, nämlich auf
die Illustration des Kommentars zur Apokalypse, ge-
worfen hat, der in der zweiten Hälfte des achten Jahr-
hunderts von dem Mönche Beatus in dem Kloster Valca-
vado in Leon verfaßt worden war. Der ekstatische Cha-
rakter der Offenbarung muß diesem Volke besonders
nahegegangen sein. Die Ausdrucksmittel dieser Mal-
kunst gehen aber nicht wie bei der fränkischen Buch-
malerei desselben Zeitraumes auf eine Wiederbelebung
und Wiedernutzbarmachung des antiken Erbes aus, son-
dern es wird hier, auf einer Grundlage, die dem Flächen-
und Linienstil der Britannischen Inseln nahesteht, ein
eigentümlicher Zeichenstil entwickelt. Gelb und Rot
dominieren. Die Figuren sind flächig aufgefaßt und
durchaus in der Fläche angeordnet, die Zeichnung ist
oft zu einem ornamentalen Schnörkel abgewandelt, wie
man es an den Engelsflügeln auf unserem Bilde des
thronenden Richters sehen kann. Die Figuren werden
aber nicht selbst zu einem bloßen Ornament, wie in
Irland, diese Kunst geht vielmehr auf starke Lebendig-
keit der Bewegungen und charakteristische Ausdrucks-
kraft der Gebärden aus: unmittelbare Lebendigkeit
bei gebundener Form, das ist, ebenso w’ie in späte-
ren großen Zeiten, das Wesen dieser spanischen Malerei.

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