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Gerhard, Eduard
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 10): Mykenische Alterthümer — Berlin, 1850

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https://doi.org/10.11588/diglit.693#0006
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hütete (16), und als Argos durch Hermes, der Sternenhimmel durch den Gott alles
Wechsellebens, gefallen war (16), empfand Io den Zorn der Göttin von neuem, statt
fesselnder Bewachung durch unstätes von einer Bremse gedrängtes Irren (17): bedeut-
sam, unsres Erachtens, nicht nur als bildlicher Ausdruck der zwar rastlosen, aber
geordneten Mondesbahn (18), sondern auch als gehässiges Bild des in Io der Mondkuh
verdrängten Götterdienstes der Urzeit. Irrend von Dodona bis an den äufsersten
Osten, und wieder vom Kaukasos bis zum äufsersten Westen, der Gräen und der
Gorgonen Sitz (18), begegnet sie, bevor Libyen und Aegypten das Ziel ihrer Beise
wird, dem gefesselten Titanen Prometheus; sie vereinigt mit diesem ihre Klagen über
die Unbill des Zeus und empfängt von ihm die Weissagung über ihr Schicksal, das
glorreich nach langer Prüfung mit Herstellung ihrer Menschengestalt, mit der Geburt
des Epaphos (20) und mit dem Heldenstamm endet, dem • auch des Prometheus einstiger
Befreier Herakles angehört (21).

In dieser Begegnung mit Prometheus ist nun auch die statuarische Thonfigur
zu denken, die wir jetzt näher betrachten. Nicht in völliger Thiergestalt, wie aller-
dings noch in späteren Kunstdarstellungen Io dann und wann schlechthin als Kuh
erscheint, auch nicht als Jungfrau mit leicht verunstaltender Behörnung, wie es
nach Sprachgebrauch und sonstiger Darstellung zulässig wäre (22), sondern in einer aus
Jungfrau und Kuh verschmolzenen Bildung tritt Io uns hier entgegen: als eine Kuh,

(15) ApoIIodor ebendaselbst: uvirtv, ^rt? ev to) MvxrtvctU)v v7i~ßXEV «Xast.

(16) Hermes 'Aqyenp6vrrtq: durch Steinwurf laut ApoIIodor a. a. 0. oder durch Enthauptung des Einge-
schläferten (Anm. 17).

(17) ApoIIodor: aHga di rfj ßot oiargov epßaXXsi. rt 3$ tiqüitov %xet. Aesch. Prom. 574: nöiq 6' ov xXvto
t?/s oiöTQoSivriiov xöqris %i\q ^Iva/siTjq J Ein Geramenbild zeigt Io von der Bremse gescheucht bereits
im Augenblick der Enthauptung des Argos (Mon. d. Inst. II, 59, 9).

(18) Irren als Ausdruck des Mondeslaufs: wie auch Welcker (Tril. 129), aber mit Nebenbezug auf schwin-
delnde Eundtänze annahm. Io's Verstofsung auf veränderten Kultus zu beziehen, ist eben auch keine
neue Ansicht; in ähnlichem Sinn, nur dafs er einen Gegensatz phönicischen und kretensischen Dienstes
damit verband, urtheilte schon Böttiger Kunstmyth. II, 277 f.

(19) Irren und Länderzüge der Io: Apollod. 1. c. Aesch. Prom. 689 ff. Suppl. 540 ff. Durchgängig über
phönicische Niederlassungen, meint Böttiger Kunstmyth. 1, 317. Vgl. Völckers mythische Geogra-
phie. Leipzig 1832.

(20) ApoIIodor: onov rijv ä^atW [lOQyrjv dnoXaßovffa ytvvä TTaqa tw JVsiXo* noraftw "Enaffov Ttalda..
Aesch. Suppl. 312: xcu Zeug y itpärtro)^ /««£t tpirvee yovov.

(21) Aesch. Prom. 853: ano^äi; ye fiqv ix Trjqäe an'ffcra« d-Qaavi; TÖJofirt xXeivöq, ö? rcovwv ix rmvtfiui
Xiau. Vgl. 754.

(22) Paus. DJ, 18, 7 (amamykläisehen Thron): °Hqtj äifO^ä itqoq 'Im rijv 'Iväxov ßovv ovtrav Sjitj. Völlig
als Kuh erscheint Io auch in Kunstdarstellungen ihres Mythos: Mon. d. Inst. II, 59, 2. 7 (Gemmenbil-

* der). 3 (Wandgemälde). 8 (Vasenbild). Vgl. Arch. Zeitung V. Taf. H. &. 19, 8. Aber auch als ge-
hörnte Jungfrau, näq&tvoq ßovxi^ox; (Herodot D, 41): im Berliner Vasenbilde (Anm. 70) und
sonst: Mon. d. Inst. H, 59 (Jatta'sches Vasenbild); ebendaselbst No. 6 in einem Wandgemälde. Nur ein
 
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