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Gerhard, Eduard
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 10): Mykenische Alterthümer — Berlin, 1850

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https://doi.org/10.11588/diglit.693#0008
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meint sein, zumal bei der Länge des Bandes auch an ein etwaniges Abzeichen, wie es
bei heiligen Thieren wohl vorkommt (27), nicht leicht zu denken ist. Ob ferner die kuhge-
stalte Jungfrau ihren erhobenen rechten und vorgestreckten linken Arm nur eben aus-
streckte, oder ob sie in den jetzt verstümmelten Armen etwas hielt, wie denn Zweige nach
Art schutzbedürftiger Flehender ganz wohl dazu geeignet waren, mufs dahin gestellt
bleiben, um so mehr aber der geschichtlichen Bedeutung noch etwas näher gedacht
werden, welche der ganze in wenigen Zügen hier veranschaulichte Mythos von Io's
Kuhgestalt ausspricht.

So vereinzelt nämlich diese Kuhgestalt der argivischen Herapriesterin für uns
dasteht, so sehr ist sie doch durch Analogien zu erläutern, wie solche, auch ohne an
ähnliche Bildungen des Orients und Aegyptens zu denken (2S), im griechischen Stiere
mit Menschengesicht (29) und im Kuhsymbol mancher sonstigen Göttin (30) und Heroine (31)
gegeben sind; auch ist hier zu erwähnen, dafs gleich den heiligen Kühen des myke-
nischen Heradienstes, unter denen der Sage nach Io sich befand, auch aus Pallas - und
Artemisdienst Opferkühe und Stiergespanne sich anführen lassen (32), der Aehnlichkeit
zwischen Io und Iodama (33) zu geschweigen. In sämmtlichen hiedurch berührten
Sagen wird das Bild des männlichen oder weiblichen Bindes als sprechender Ausdruck
für die naturkräftige, gemeinhin als Zeus (34) oder Hera gefafste, Gottheit angewandt,
und wenn wir nun wissen, dafs die Benennung schöner Rindertriften, Euböa, auch im
argivischen Land neben dem mykenischen Heratempel vorhanden war (3S), so dürfte
man erwarten, die in Ortsnamen, Tempelsitte und priesterlicher Gestalt überlieferte

(27) Mit einer Opferbinde ist die über einem Vasenbilde des Iomythos (Mon. d. Inst. II, 59, 1, in der hie-
sigen Sammlung No. 1954; als Opfertbier oder als Götterbild?) befindliche Kuh geschmückt; desgleichen
mit gekreuzter Binde und Knauf der als Ai>&e(i(u3i) itoog bezeichnete Stierkopf eines Lampenreliefs
(Miliin Gal. XXIV, 120).

(28) Isis, Athor, Astarte: Creuzer Symb. H, 393. IV, 307 ff.

(29) Dionysos Hebon, Minotauros, Acheloos: Böttiger Kunstmyth. 1, 307 ff. Creuzer Symb. IV, 273. Ger-
hard Auserl. Vas. II, S. 108.

(30) Artemis mit Kuhgesicht: Schol. Soph. Aj. 172 (ravomnög). Als Kuh soll Koro, in Kyzikos verehrt
worden sein: Panofka Arch. Z. VI. S. 102*. Vgl. Appian B. Mithr. 75. Plut. Luculi. p. 497. Eckhel
D. N. H, 452.

(31) Pasiphae's Kuh: Creuzer Symb. IV, 260 f.

(32) Hesych. s. v. tavoonöXos ^ "AgTtfitq xcu ij 'A&rp>ä. Vgl. Creuzer Symb. IV, 296 f. Kuhopfer
Athenens: Prodromus m. K. S. 137, 67.

(33) Iodama's Mord durch Pallas und Sühnopfer: Paus. IX, 34, 1.

(34) Die Frage ob Zeus auch einer Kuh sich vermische, wird bei Aeschylos Suppl. 301 mit einem ipaolv
nqlttovia ßov&öqoi tcäiQf äe/iaq erwiedert; in ähnlichem Sinne erklärt Hygin Astr. H, 21 den Zo-
diakalstier.

(35) Paus. II, 17, 2: avio Si rö ttgöv ianv ev ^ö-attodom^w tijs Evßolas" lö yuq äq ooog rovxo cvo-
/mZovaiv Evßoiav .. Vgl. Panofka Argos S. 33.
 
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