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Jordan, Heinrich
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 25): Vesta und die Laren auf einem pompejanischen Wandgemälde — Berlin, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.708#0019
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malte"46); nicht sorgfältiger also als die meisten der Pompejanischen Bilder aus-
geführt sind. Nun ist es wohl möglich, dass die Notwendigkeit, die Vielheit der
Laren bildlich darzustellen, die ersten griechischen Darsteller dazu trieb, zwei Laren
zu malen; möglich auch, dass sie an die Praestites dachten: aber den übrigen Ha-
bitus der Compitallaren entlehnten sie nicht den Wächtern des Staats mit dem
Hunde, sondern sie stellten sie tanzend dar zum Zeichen der Theilnahme an der
ausgelassenen Compitalienlustigkeit. Und dürfen wir nun weiter annehmen, dass
die&e Compitallaren den Lar familiaris verdrängten (vgl. Reitferscheid, oben Anm.
40), so kann man sich die Compitallaren eines Theodotos so denken, wie die Zwil-
lingslaren in den Häusern Pompejis und auf den Altären von Rom übereinstimmend
erscheinen. Wie aber diese Folgerung zweifelhaft, so ist es dagegen unbestreitbar,
dass die Attribute unserer Laren, das Rhyton, die um den Leib wie ein Gurt ge-
schlungene und über die linke Schulter gezogene Cblamys, die Halbstiefel, von
Griechen erfunden sind: gekleidet sind sie wie die Jägerin Artemis oder der tan-
zende Bakchos.47) Das Wesen der Laren findet in diesem Typus noch weniger
einen entsprechenden Ausdruck als das Wesen der Vesta in ihrem Attribute, dem Esel.
Diese Bemerkungen machen nicht den Anspruch, über die schwierige und nur
in einem grösseren Zusammenhange zu ergründende Lehre von den Genien im wei-
testen Sinne wesentlich Neues zu geben: nur soviel, scheint es, lehren die bisher
über Gebühr vernachlässigten bildlichen Darstellungen an dem Beispiel der Laren
wie der Vesta, dass die überall geschäftige griechische Civilisation in sehr früher
Zeit es vermocht hat, auch für die gestaltlosesten römischen Religionsvorstellungen
die Formen zu finden, Formen, die man gewiss sich hüten muss, einer uritalischen,
eigenthümlichen Kunstübung zuzuschreiben.

46) Die Stelle des Naevius aus der Tonicularia bei Festus (Ribb. com. Lat. S. 20 f.) ist zu An-
fang verderbt: Tkeodotum compellas (compella Scaliger) qm aras (etwa aris?) Compilalibus sedens in
cella circumtectus tegetibus Lares ludentes peni pinxit bubulo. Dass ludentes „tanzend' heisse, bemerkte
ich Annali a. a. 0. S. 338, und Reiffers cheid stimmt mir bei.

47) Auf die Darstellung des Bakchos in Campanas Opere in plastica, T. 31, habe ich Annali S. 336
hingewiesen und daselbst gezeigt, dass den Laren weder der cinctus Gabinus noch die Kleidung der ca-
milli eigen ist. Vereinzelt steht der Name Lares aUtes, der eine Darstellung von geflügelten Genien
voraussetzt.

H. JORDAN.
 
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