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Kalkmann, August
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 53): Die Proportionen des Gesichts in der griechischen Kunst — Berlin, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.736#0023
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21

ist, und zwar ist das Gesicht je nachdem 10, 10l/3 und 12 mal, die Bistanz Auge bis
Kinn 14, 15, IG und 18 mal in der Figurenhöho enthalten In dem obigen Kanon verhält
sich Auge bis Kinn: Gesicht = 7 : 11, ein Vcrhältniss, das die gleichzeitige Theilbarkeit
der beiden Distanzen in dem angegebenen Sinno ausschliesst. — Nach Allem ist es
wahrscheinlich, dass der Kanon der Hera kein primärer, sondern ein modilicirter abge-
leiteter Kanon ist, und zwar sieht man unschwer ein, wie der ursprüngliche Kanon war
und auf welche Weise er verändert wurde. Es ist nämlich bei der Hera das Obergesicht
oberhalb des Auges um einen Theil verkürzt; der gleichen Modifikation eines andern
Kanons werden wir im Folgenden begegnen, und ich möchte mich deshalb nicht darauf
berufen, dass die Stirn der Hera thatsächlieh durch den Kopfschmuck ein wenig verkürzt
ist. Der muthmaasslich ursprüngliche Kanon zählte für das Gesicht 12 Theile, die sich
so gruppiren: 8 9 5 5 5
4 3 7 3 4

4 3. Das Gesicht ist in 3 gleiche Theile, und jeder dieser
Theile wieder in 4 Theile gctheilt. Es verhalten sicli Haar bis Nase: Untergesicht = 2:1,
Haar bis Mund : Mund bis Kinn = 3:l. Die Verhältnisse sind weit einfacher und ver-
ständlicher, als bei der Thcilung in 11 Theile. Unverkennbar ist ferner, dass die Ver-
hältnisse des Auges bei der Hera ursprünglich auf eine Zwölf-Theilung des Gesichts be-
rechnet waren, denn nach dieser beträgt die Augenhöhe = '/„, die Augenlänge = Ye,
und der Abstand der äussern Winkel = '/., der Gesichtshöhe. — Dan Durchmesser des
iunern Augenkreises habe ich gemessen 20'/.,—21; darnach scheint er sich zum Durch-
messer des äusseren zu verhalten =4 : 7(203/7:353/.,)j zur Augenlänge = 2:7, zur Ge-
sichtshöhe mithin = 1: 21, wenn das Gesicht 12 Th. hat. Dagegen ist er nicht theilbar
in der Gesichtshöhe, wenn diese nur 11 Th. hat; er verhält sich ferner zur Distanz
Auge bis Mund = 1:7, zur Distanz Haar bis Mund im verkürzten Gesicht = 1 : 14,
während er bei dem zwölftheiligen Gesicht das gleiche Verhältniss hat zur Distanz Haar
bis Nase'). — Endlich ist das zwölftheilige Gesicht 10'/3 rnal in der Figurenhöhe ent-
halten, vorausgesetzt, dass die Distanz Auge bis Kinn '/iS derselben beträgt, wofür sich
gerade in ältester Zeit Beispiele linden. Das Gesicht verhält sich also zur ganzen Höhe
= 2 : 21; von 21 Thoilen der ganzen Figur2) kommen 2 auf das Gesicht, l'/6 auf die
Distanz Auge bis Kinn, oder von 126 Theilen 12 auf das Gesicht, 7 auf die Distanz
Auge bis Kinn. — Diesem zwölftheiligen Kanon kommen nahe nach meinen Maassen,

J) In den Distanzen Auge bis Kinn und Auge bis Nase ist er IS'/j und ö'/.i mal enthalten.

-) Vgl. den ägyptischen Kanon bei Diodor I 98: toü fäp itavtoc tKÖiiaro; tJ)V xceeaKeuTjv de 8v
xotl etxoct jj-^pv) -/.a\ -poa^Ti T^TapTOv Btcttpouuivout t)jv SXijv dnoStStfrat a'jij.;jLETptccv toS C<;»o'j. Perrot
,et Cliipiez histoire de i'art I 7G7ff. IJIanc gntmmaire des arts du dessin 3711'. Megret Etüde sur les
canons de Polycleto 17 IT.
 
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