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Verlag Bruno Cassirer
Almanach: auf das Jahr ... — 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.70232#0150
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144

Almanach 1920

Bilder, dem Stoffgebiet von Dichtung, Erzählung usw.
entnommen, werden gleich verdächtig. Es ist der fort-
gesetzte Kampf gegen das Literarische in der Malerei,
der eigentlich nur ein Kampf gegen die schlechte
Malerei sein dürfte, und den unvermögenden Bildner.
Ich weiß nicht, soll man sagen : der geringe Anspruch
an die Bedeutung der Buchillustration macht miß-
trauisch gegen die Bilder gleichen Stoffes, oder: schlecht
gemalte Bilder dieser Art rechtfertigen die Anspruchs-
losigkeit den illustrierten Büchern gegenüber. Es ent-
steht ein wechselseitig denunzierendes Verhältnis.
Nur ein Gebiet hebt sich hier ab, scheint selbstver-
ständlich und selbstgefällig erlaubt: die biblischen Stoffe.
Man sollte, um sich richtig einzustellen, Tiepolos
Riesenwandmalereien als farbige Illustrationen barocken
Allegorienwulstes betrachten, viele Rubensgemälde als
ins riesige gesetzte Bilderbücher der Kirchen- oder
Staatsgeschichte, Rembrandt für den wunderbarsten
Bibelillustrator, Delacroix als Byron- und Goethe-
Illustrator usw.! Natürlich: Bauer, das ist etwas anderes,
hier ist eben alles echteste malerische Phantasie ge-
worden!! Gewiß, man erfaßt heute allgemein den
Unterschied: Delacroix — Delaroche! Trotzdem:
Renoir soll von einem Schlachtenbilde des ersteren ge-
sagt haben, es sei ein wundervolles Rosenbukett! Die
Bemerkung ist sehr fein und genügend ausgeschlachtet
worden! Sie müßte aber den Meister des Bildes mehr
ärgern als freuen! Wenn er Rosen hätte malen wollen,
hätte er nicht ein Schlachtenbild zu malen brauchen.
Die Bemerkung könnte charakteristisch für beide
Künstler sein, wenn das Bild zuviel Bukett wäre, so
 
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