Lewis Mumford: Handwerk und Maschine
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meidlichen Plackereien nach Möglichkeit zu vermindern:
j edes Detail oder j ede Dekoration, die die zur maschinellen
Erzeugung notwendige Zeit verlängern, erhöht die mate-
rielle Last des Daseins. Das eine ist Selbstzweck, das andere
ein Mittel zum Zweck. Unsere moderne Gesellschaft ver-
steht durchaus noch nicht diesen Unterschied. Ebenso
wie wir in der Kunst recht anfechtbare Farbendrucke in
Massen herstellen und den modernen Künstler verhungern
lassen, so werden in der Architektur viele Dinge auf
maschinellem Wege erzeugt, die Handarbeit vortäuschen
sollen, wie zum Beispiel die steinernen Ornamente der
mächtigen Renaissance-Kamine, die jetzt oft kleine, durch
Dampf überheizte Wohnungen zieren. Die wenigen ihrem
Beruf treugebliebenen Kunsthandwerker aber werden
zu knechtischen Handlangern herabgewürdigt, die wie
ihre Vorgänger im kaiserlichen Rom all ihre Geschick-
lichkeit und Schaffensfreude auf das Kopieren von Werken
anderer Künstler und Kunsthandwerker verwenden müs-
sen. Das Handwerk, das der mechanischen Reproduktion
dienstbar gemacht wird, und die maschinelle Herstellung
unzähliger Gegenstände, die eine handwerkliche Ent-
stehung vortäuschen sollen, sind schuld daran, daß all
unsere ästhetischen Versuche in Kunst und Architektur
wieder und wieder mißglücken. Gelegentlich ringt sich
einmal ein Talent durch, wie Samuel Yellin, der Eisen-
schmied, aber das Kunsthandwerk im allgemeinen muß:
darunter leiden.
Nun beruht unsere Freude an guter Maschinenarbeit
bei allem Respekt, den wir der Fehlerlosigkeit und Voll-
endung zollen, doch nur auf ihrem praktischen Nutzen,
wenn auch dabei hin und wieder eine ausdrucksvolle Form
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meidlichen Plackereien nach Möglichkeit zu vermindern:
j edes Detail oder j ede Dekoration, die die zur maschinellen
Erzeugung notwendige Zeit verlängern, erhöht die mate-
rielle Last des Daseins. Das eine ist Selbstzweck, das andere
ein Mittel zum Zweck. Unsere moderne Gesellschaft ver-
steht durchaus noch nicht diesen Unterschied. Ebenso
wie wir in der Kunst recht anfechtbare Farbendrucke in
Massen herstellen und den modernen Künstler verhungern
lassen, so werden in der Architektur viele Dinge auf
maschinellem Wege erzeugt, die Handarbeit vortäuschen
sollen, wie zum Beispiel die steinernen Ornamente der
mächtigen Renaissance-Kamine, die jetzt oft kleine, durch
Dampf überheizte Wohnungen zieren. Die wenigen ihrem
Beruf treugebliebenen Kunsthandwerker aber werden
zu knechtischen Handlangern herabgewürdigt, die wie
ihre Vorgänger im kaiserlichen Rom all ihre Geschick-
lichkeit und Schaffensfreude auf das Kopieren von Werken
anderer Künstler und Kunsthandwerker verwenden müs-
sen. Das Handwerk, das der mechanischen Reproduktion
dienstbar gemacht wird, und die maschinelle Herstellung
unzähliger Gegenstände, die eine handwerkliche Ent-
stehung vortäuschen sollen, sind schuld daran, daß all
unsere ästhetischen Versuche in Kunst und Architektur
wieder und wieder mißglücken. Gelegentlich ringt sich
einmal ein Talent durch, wie Samuel Yellin, der Eisen-
schmied, aber das Kunsthandwerk im allgemeinen muß:
darunter leiden.
Nun beruht unsere Freude an guter Maschinenarbeit
bei allem Respekt, den wir der Fehlerlosigkeit und Voll-
endung zollen, doch nur auf ihrem praktischen Nutzen,
wenn auch dabei hin und wieder eine ausdrucksvolle Form