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Kunstsalon Paul Cassirer [Editor]; Hugo Helbing [Editor]; Hugo Helbing (Firma) [Contr.]
Ausstellung / Paul Cassirer ; Hugo Helbing: Die Sammlung eines süddeutschen Kunstfreundes: Gemälde und Zeichnungen deutscher und französischer Meister des XIX. Jahrhunderts; Versteigerung: 3. März 1925, 4. März 1925 — Berlin: Cassirer, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.53576#0013
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bedeuten Trübners letztes Wort. So steht er vor einem, wenn man an ihn denkt,
Uns heute erscheinen diese Dinge selbstverständlich. Aber als sie entstanden,
waren sie Äußerungen eines neuen künstlerischen Naturgefühls. Erst unsre
Generation hat, von Trübner geführt, die Landschaft so sehen gelernt. Früher
waren die Bäume noch nicht so grün.
Leibi und Trübner, jeder in seiner Art eine überragende Persönlichkeit,
waren keine Tyrannen. Daß Johann S p er 1, der sein Leben lang mit Leibi in
intimstem Verkehr zusammen war, in seiner eigenen Malerei, in seinen feinen
oberbayrischen Landschaften und in seinen anmutigenden Figurenbildern, so gar
keinen Einfluß von Leibi erfuhr, spricht für den künstlerischen Charakter beider.
Und daß KarlSchuch, der doch Anregungen von Trübner empfing, in seinen
Stilleben, wie dem mit der Wildente, mit keinem der schönen Stilleben Trübners
auch nur von weitem verwechselt werden kann, zeigt abermals, wie frei und
selbständig das gegenseitige künstlerische Verhältnis war. Schuch, ein sehr
sensibles Auge und eine weiche schmiegsame Hand, zog mit zarter Richtigkeit
aus seinen Gegenständen die leuchtenden Töne langsam, in lückenlosem Aufbau
nach vorn, bei schwingender Tonfülle. Trübner entwickelte die größere,
herrischere Pracht der Erscheinung. Gegenüber Schuch, der auch als Landschafter
und in seinem „Interieur“ immer eine feine dämmerige Stimmung sucht, wirkt
Trübner als der festere Konstrukteur.
Stilleben?Malerei wurde in großem Sinne erst damals wieder in Deutschland
gepflegt. Für diese Art von Kammermusik in der Malerei fehlte den vorauf?
gegangenen Zeiten der Sinn, dieses Aufsuchen des rein malerischen Problems
an sich setzte einen Grad von Atelierkultur voraus, der erst in den sechziger
Jahren langsam, vielleicht nicht ohne Einfluß von Courbet und Hans Thoma her,
wiedererobert wurde. Wilhelm von Diez, der vortreffliche Lehrer einer
ganzen Generation tüchtiger Maler, scheint uns in solchen Dingen wie seinem
„Toten Hirsch“ und dem dazu gehörigen Bilde der NationaLGalerie bedeuten?
der als in seinen berühmten und beliebten Genreszenen. Die Diez?Schule war das
höchste Niveau des damals Erreichbaren. Atelierkunst von kultiviertester Hal?
tung. M ay r ? G r a z , dessen Arbeiten gelegentlich schon mit Leibis verwechselt
wurden, gehört mit seinem „Raucher“ ebensosehr in diesen Kreis, wie der später
so mondän und effektvoll gewordene junge HugovonHabermann,in der
Zeit, wo er, etwa, diese „Junge Nonne“ malte; ein Motiv, vor dessem malerischen
Reiz auch Trübner verweilt hatte.
In allen solchen Bildern ist eine andre, neue künstlerische Anschauung am
Werke als sie die Generation vorher gekannt hatte. Eine größere Einfachheit, ein
strafferes Zusammenziehen der Elemente, ein stärkeres Betonen des malerischen
 
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