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Kunstsalon Paul Cassirer [Hrsg.]; Hugo Helbing [Hrsg.]; Hugo Helbing (Firma) [Mitarb.]
Ausstellung / Paul Cassirer ; Hugo Helbing: Die Sammlung eines süddeutschen Kunstfreundes: Gemälde und Zeichnungen deutscher und französischer Meister des XIX. Jahrhunderts; Versteigerung: 3. März 1925, 4. März 1925 — Berlin: Cassirer, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.53576#0017
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er gelernt hatte was er brauchte, sofort neuen Zielen zu. Ein Bild wie die Elb*
landschaft ist zugleich atmosphärisch tiefer und zugleich harmonischer durch*
organisiert, als das meiste, was der Expressionismus schuf.
Bei dem heftigen Verlangen nach leuchtendem Kolorit und reiner Farbe
geht oft die gute Malerei verloren. Weisgerber, einer der fähigsten Nach*
impressionisten, mochte es manchmal erfahren haben, ehe er, ein Jahr vor seinem
frühen Tode, das „Ruhende Paar im Freien“ malte.
Für die Erhaltung der lebendigen Maltradition war vor dem Kriege der Zu*
sammenhang mit Paris immer heilsam. KarlHofer ging, vor seiner „indischen“
Zeit, durch ihn hindurch, ebenso wie Rudolf Großmann und Rudolf
Levy, die auch nach dem Kriege den Anschluß glücklich wiederfanden und
heute, wo sich die deutschen Kunstkämpfe langsam zu beruhigen anfangen, wieder
mehr in den Vordergrund rückten.
Paris war im ganzen 19. Jahrhundert die Stelle größter Anregung. Die Ab*
teilung französischer Bilder dieser Sammlung bietet einige Beispiele französischer
Malerei, darunter einige von sehrhohemRang. DieLandschaftenvonG e r i c a u 11,
D a u b i g n y und B o u 1 a r d (der manchmal mit Courbet verwechselt wird), die
Genreszene von T r o y o n , Zeichnungen von Corot und M i 11 e t sowie einiges
Zugehörige vermitteln einen Ausblick auf das, was in Frankreich in der ersten
Hälfte des 19. Jahrhunderts geschah, ehe Courbet seinen großen Realismus
hinstellte, diesen Figurenstil, der in Frankreich da steht, wo bei uns Leibi steht.
Delacro i x großer Entwurf, „Löwe und Pferd“, eine Riesenstudie in Silber
und Gold, sowie Daumiers dämonische Malereien haben in Deutschland gar
keine Parallelen. Manets leicht hingesetzte Skizze einer stehenden Dame
gibt eine Vorstellung von seiner stählernen Energie der Anschauung und der
hellen oft anmutigen Leichtigkeit seiner Niederschrift. Der reine Impressionis*
mus kommt in einem meisterhaften Winterbilde Claude Monets, der Neo*
Impressionismus in einer Figurenszene Camille Pissarros zur Geltung.
Werke dieser Art haben die heute ältere Generation in Deutschland nicht weniger
angeregt, als die Arbeiten Cezannes und van Goghs, wie jenes Selbstbild
oder diese Brücke, im 20. Jahrhundert auf die Künstlerjugend wirkten.

Bremen,
Februar 1925.

EMIL WALDMANN.
 
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