A manually made transcription or edition is also available for this page. Please change to the tab "transrciption" or "edition."
Die Sammlung Seligmann, die durch drei Generationen teils in Koblenz, teils in
Köln im Besitz derselben Familie geblieben ist, trägt deutliche Merkmale ihres
rheinischen Ursprungs, obwohl bei ihren Besitzern keine Absicht einer Beschränkung
auf das rheinische Kunstgewerbe bestanden hat. Darauf deutet die Gruppe der Steins
zeugkrüge aus Raeren, Siegburg und dem Westerwald, nicht wegen ihrer Zahl, sondern
wegen einiger Seltenheiten, die vor fünfzig Jahren von den alten rheinischen Krugs
Sammlern besonders gesucht waren. Dazu gehört neben der braunen Schnelle von Jan
Emens mit dem Bildnisse des Königs Johann von Schweden und dem Krug mit der
Bauernschenke von 1576 der gleichzeitige Krug mit dem breiten Fries der Olympischen
Götter (Nr. 16), eines der schönsten Krugreliefs, die Jan Emens in seinem fruchtbarsten
Arbeitsjahr 1576 geschaffen hat. Wenn auch als Fundstück aus dem Raerener Boden
beschädigt, bleibt der nur in ganz wenig Exemplaren erhaltene Götterfries doch ein wert»
volles Zeugnis für das ernste künstlerische Streben des in Raeren führenden Meisters.
Innerhalb der Porzellansammlung haben die zwei rheinischen Manufakturen Höchst
und Frankenthal entschieden das Übergewicht. Die Kurmainzische Fabrik zeigt ihren
Hauptmeister Johann Peter Melchior mit dem Reliefporträt des Fürsten Karl Anselm
von Thurn und Taxis (Taf. 15) von seiner stärksten Seite; zudem ist es das einzigste
Exemplar, das existiert. Auch unter den Gefäßen hat Höchst mit der an französisches
Silber erinnernden Deckelschale Nr. 236 ein Meisterstück im blühenden Stil Louis XV.
aufzuweisen. Die fein bemalten Figuren der Tänzerin Camargo nach Lancrct und ihres
Partners sind als heiß begehrte Schöpfungen Frankenthals bekannt genug (Taf. 16);
es ist ein Vorzug der vorliegenden Exemplare, daß sie durch die Marke Joseph Adam
Hanongs als frühe Ausformungen vor 1762 beglaubigt sind. Die drei Figuren des Hof*
bildhauers Konrad Link (Taf. 17) zeigen jene Vollendung der Porzellanmasse und der
Bossierung, die die Kurpfälzische Fabrik Frankenthal unter der Leitung Adam Bcrgdolls
erreicht hat. Neben den beiden rheinischen Fabriken tritt gleichwertig Ludwigsburg
mit den zwei Bacchantengruppen (Taf. 18), denen der Bossierer die sorgfältigste Durch*
arbeitung zuteil werden ließ, die so wesentlich dazu beiträgt, die hohen Qualitäten der
Porzellanplastik Wilhelm Beyers zur Geltung zu bringen. Es ist bekannt, daß Beyer die
eine Gruppe (Nr. 301) als Probestück für seine Aufnahme in die Wiener Kunstakademie
eingereicht, also selbst als eine seiner glücklichsten Schöpfungen angesehen hat.
Wie man es von einer so alten und im Stillen blühenden Sammlung erwarten kann,
fehlt es auf dem keramischen Gebiet nicht an einigen erfreulichen Überraschungen: der
von Johann Schaper in Nürnberg um 1660 bemalte und signierte Fayencekrug mit Silbers
fassung (Taf. 2) ist die eine — mehr als ein Dutzend Schaperfayencen ist nicht bekannt —,
und die Meißener Porzellankanne mit der figurenreichen Darstellung des Lagerlebens
im Vorgelände einer bombardierten Festung (Taf. 13) ist die andere. Diese hervor*
ragende Hausmalerarbeit ist nicht bezeichnet, aber ein Vergleich mit signierten Por*
zellanmalereien des Breslauer Miniaturmalers Ignaz Bottengruber, namentlich aus seinem
Bacchantenservice von 1726 im Hamburger Kunstgewerbemuseum ergibt mit großer
7
Köln im Besitz derselben Familie geblieben ist, trägt deutliche Merkmale ihres
rheinischen Ursprungs, obwohl bei ihren Besitzern keine Absicht einer Beschränkung
auf das rheinische Kunstgewerbe bestanden hat. Darauf deutet die Gruppe der Steins
zeugkrüge aus Raeren, Siegburg und dem Westerwald, nicht wegen ihrer Zahl, sondern
wegen einiger Seltenheiten, die vor fünfzig Jahren von den alten rheinischen Krugs
Sammlern besonders gesucht waren. Dazu gehört neben der braunen Schnelle von Jan
Emens mit dem Bildnisse des Königs Johann von Schweden und dem Krug mit der
Bauernschenke von 1576 der gleichzeitige Krug mit dem breiten Fries der Olympischen
Götter (Nr. 16), eines der schönsten Krugreliefs, die Jan Emens in seinem fruchtbarsten
Arbeitsjahr 1576 geschaffen hat. Wenn auch als Fundstück aus dem Raerener Boden
beschädigt, bleibt der nur in ganz wenig Exemplaren erhaltene Götterfries doch ein wert»
volles Zeugnis für das ernste künstlerische Streben des in Raeren führenden Meisters.
Innerhalb der Porzellansammlung haben die zwei rheinischen Manufakturen Höchst
und Frankenthal entschieden das Übergewicht. Die Kurmainzische Fabrik zeigt ihren
Hauptmeister Johann Peter Melchior mit dem Reliefporträt des Fürsten Karl Anselm
von Thurn und Taxis (Taf. 15) von seiner stärksten Seite; zudem ist es das einzigste
Exemplar, das existiert. Auch unter den Gefäßen hat Höchst mit der an französisches
Silber erinnernden Deckelschale Nr. 236 ein Meisterstück im blühenden Stil Louis XV.
aufzuweisen. Die fein bemalten Figuren der Tänzerin Camargo nach Lancrct und ihres
Partners sind als heiß begehrte Schöpfungen Frankenthals bekannt genug (Taf. 16);
es ist ein Vorzug der vorliegenden Exemplare, daß sie durch die Marke Joseph Adam
Hanongs als frühe Ausformungen vor 1762 beglaubigt sind. Die drei Figuren des Hof*
bildhauers Konrad Link (Taf. 17) zeigen jene Vollendung der Porzellanmasse und der
Bossierung, die die Kurpfälzische Fabrik Frankenthal unter der Leitung Adam Bcrgdolls
erreicht hat. Neben den beiden rheinischen Fabriken tritt gleichwertig Ludwigsburg
mit den zwei Bacchantengruppen (Taf. 18), denen der Bossierer die sorgfältigste Durch*
arbeitung zuteil werden ließ, die so wesentlich dazu beiträgt, die hohen Qualitäten der
Porzellanplastik Wilhelm Beyers zur Geltung zu bringen. Es ist bekannt, daß Beyer die
eine Gruppe (Nr. 301) als Probestück für seine Aufnahme in die Wiener Kunstakademie
eingereicht, also selbst als eine seiner glücklichsten Schöpfungen angesehen hat.
Wie man es von einer so alten und im Stillen blühenden Sammlung erwarten kann,
fehlt es auf dem keramischen Gebiet nicht an einigen erfreulichen Überraschungen: der
von Johann Schaper in Nürnberg um 1660 bemalte und signierte Fayencekrug mit Silbers
fassung (Taf. 2) ist die eine — mehr als ein Dutzend Schaperfayencen ist nicht bekannt —,
und die Meißener Porzellankanne mit der figurenreichen Darstellung des Lagerlebens
im Vorgelände einer bombardierten Festung (Taf. 13) ist die andere. Diese hervor*
ragende Hausmalerarbeit ist nicht bezeichnet, aber ein Vergleich mit signierten Por*
zellanmalereien des Breslauer Miniaturmalers Ignaz Bottengruber, namentlich aus seinem
Bacchantenservice von 1726 im Hamburger Kunstgewerbemuseum ergibt mit großer
7