CHRISTINE VON SCHWEDEN IN ROM
291
eierten sie und standen mit ihren Wünschen nicht im Einklang ; sie zer-
riss diese Fesseln, indem sie sich die grosstmöglichen materiellen Vor-
teile wahrte und alles an Kunstschätzen aus dem Lande mitnahm, dessen
sie habhaft werden konnte.
Die Königin war damals 29 Jahre alt, sie war klein von Gestalt,
hatte lebhafte Augen, eine grosse Nase, einen dunklen Teint, kurzge-
schnittenes Haar und wirkte in dem Reitkleid, in dem sie die Reise nach
Italien zurückgelegt hätte, fast männlich kühn und tapfer; sie dachte
logisch und drückte sich mit Leichtigkeit aus; überall erregte sie Auf-
merksamkeit. Sie war eingebildet genug zu glauben, dass sie alles
könne und dass ihr alles zugänglich sei. Sie wollte selbst eine Armee
befehligen; als bei irgendeinem Anlass Wrangel einen militärischen
Empfang für sie veranstaltete, gab sie so törichte Refehle, dass der
General den Soldaten schleunigst erklären musste, was sie zutun haben,
um der Verwirrung vorzubeugen.
Überall, wo sich die Königin in Italien aufhielt, wurden ihr zu Ehren
Bälle, Turniere, Maskeraden und Konzerte veranstaltet, um ihr den
Weg nach Rom zu verkürzen. Der Papst schickte ihr vier Nuntien ent-
gegen, die sie an der Grenze des Kirchenstaates in Macerata, Camerino
und Foligno begrüssten; selbst Frauen empfingen sie mit feierlichen
Ansprachen. Christine reiste unter dem Schutz des katholischen Königs,
sie stand zum spanischen Hof in engen Beziehungen, und Spanien hoffte,
durch die von der Kirche geliebte Tochter stärkeren Einfluss auf den
Papst zu gewinnen. Ihren Plan, zum Katholizismus überzutreten und
nach Italien zu gehen, hatte sie mit dem spanischen Gesandten, Herrn
de Pimentei, besprochen; er war so gut bei ihr angeschrieben, dass man
sie eines intimeren Verhältnisses mit ihm verdächtigte. Don Pimentei
begleitete sie als ausserordentlicher Gesandter des katholischen Königs
nach Italien. Auf dem Wege von Stockholm nach Brüssel bildete sie
sich einen in der Hauptsache spanischen Hofstaat. Auf Pimenteis Rat
ernannte sie den General der spanischen Kavallerie Don Antonio della
Cueva Silva zum Stallmeister und seine Gattin zur Oberhofmeisterin.
Die Höflinge und die Dienerschaft rekrutierten sich aus Portugiesen,
Holländern, Franzosen, Italienern und zwei Schweden; es waren Men-
schen, die auf Kosten der Königin nach Italien reisen wollten, oder da
sie beschäftigungslos waren, hofften, fürs erste ihren Unterhalt zu fin-
den. Das Gefolge bestand aus über 200 Menschen und vergrös-
serte sich noch unterwegs, da Christine, die sich in ihren Ausgaben
291
eierten sie und standen mit ihren Wünschen nicht im Einklang ; sie zer-
riss diese Fesseln, indem sie sich die grosstmöglichen materiellen Vor-
teile wahrte und alles an Kunstschätzen aus dem Lande mitnahm, dessen
sie habhaft werden konnte.
Die Königin war damals 29 Jahre alt, sie war klein von Gestalt,
hatte lebhafte Augen, eine grosse Nase, einen dunklen Teint, kurzge-
schnittenes Haar und wirkte in dem Reitkleid, in dem sie die Reise nach
Italien zurückgelegt hätte, fast männlich kühn und tapfer; sie dachte
logisch und drückte sich mit Leichtigkeit aus; überall erregte sie Auf-
merksamkeit. Sie war eingebildet genug zu glauben, dass sie alles
könne und dass ihr alles zugänglich sei. Sie wollte selbst eine Armee
befehligen; als bei irgendeinem Anlass Wrangel einen militärischen
Empfang für sie veranstaltete, gab sie so törichte Refehle, dass der
General den Soldaten schleunigst erklären musste, was sie zutun haben,
um der Verwirrung vorzubeugen.
Überall, wo sich die Königin in Italien aufhielt, wurden ihr zu Ehren
Bälle, Turniere, Maskeraden und Konzerte veranstaltet, um ihr den
Weg nach Rom zu verkürzen. Der Papst schickte ihr vier Nuntien ent-
gegen, die sie an der Grenze des Kirchenstaates in Macerata, Camerino
und Foligno begrüssten; selbst Frauen empfingen sie mit feierlichen
Ansprachen. Christine reiste unter dem Schutz des katholischen Königs,
sie stand zum spanischen Hof in engen Beziehungen, und Spanien hoffte,
durch die von der Kirche geliebte Tochter stärkeren Einfluss auf den
Papst zu gewinnen. Ihren Plan, zum Katholizismus überzutreten und
nach Italien zu gehen, hatte sie mit dem spanischen Gesandten, Herrn
de Pimentei, besprochen; er war so gut bei ihr angeschrieben, dass man
sie eines intimeren Verhältnisses mit ihm verdächtigte. Don Pimentei
begleitete sie als ausserordentlicher Gesandter des katholischen Königs
nach Italien. Auf dem Wege von Stockholm nach Brüssel bildete sie
sich einen in der Hauptsache spanischen Hofstaat. Auf Pimenteis Rat
ernannte sie den General der spanischen Kavallerie Don Antonio della
Cueva Silva zum Stallmeister und seine Gattin zur Oberhofmeisterin.
Die Höflinge und die Dienerschaft rekrutierten sich aus Portugiesen,
Holländern, Franzosen, Italienern und zwei Schweden; es waren Men-
schen, die auf Kosten der Königin nach Italien reisen wollten, oder da
sie beschäftigungslos waren, hofften, fürs erste ihren Unterhalt zu fin-
den. Das Gefolge bestand aus über 200 Menschen und vergrös-
serte sich noch unterwegs, da Christine, die sich in ihren Ausgaben