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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 20.1923/​1924

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Doering, Oskar: Wilhelm Steinhausen
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https://doi.org/10.11588/diglit.55679#0133
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WILHELM STEINHAUSEN

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BR. REINOLD TEUTENBERG, O.S. B. GRABDENKMAL


Entwurf. — Text S. in

lichung weiter gefördert während
der Jahre 1872 —1875, die Stein-
hausen in München zubrachte. Er
verkehrte in enger Freundschaft mit
Martin Greif, mit Hans Thoma, mit
dem Kunsthistoriker Adolf Bayers-
dorffer, mit dem Philosophen Du
Prel. Es war bezeichnend für die
Richtung, die das Geistesleben des
träumerischen jungen Malers und
Poeten einschlug, daß er sich da-
mals damit beschäftigte, Bilder zu
den Liedern und der »Chronika«
Brentanos zu schaffen. Äußere Ver-
hältnisse nötigten Steinhausen nach
Berlin zurückzukehren. Dann er-
hielt er schon nach kurzer Zeit einen
Auftrag für Frankfurt a. M. Er lei-
stete Folge, und so betrat er 1876
die Stadt, die von da an bis an sei-
nen Tod seine Heimat bleiben sollte.
Als er kam, war die Stimmung in
Frankfurt der katholischen Malerei
ungünstig. Zwar war Edward von
Steinle noch am Werke, aber Phi-
lipp Veit war bereits vertrieben, als
man Lessings Huß-Gemälde für die
Städelsche Galerie erworben hatte.
Die Bahn für einen führenden pro-
testantischen Künstler war frei.
Steinhausens Schaffen und Wir-
ken ist an dieser Stelle schon wie-
derholt gewürdigt worden. Seine
Kunst reifte am Studium der Natur
und dem großer, vorbildlicher Mei-
ster. Zu ihnen gehörten außer Giotto
und den Nazarenern insbesondere
Richter, Schwind, Cornelius, Rem-
brandt, Dürer. Auf welchem Gebiete
immer Steinhausen sich betätigte,
erwies er sich als trefflichen Künst-
ler. Er war ein Porträtist, dessen
Leistungen sich vielfach denen der
Alten würdig zur Seite stellen lassen.
Er war ein Landschafter, der das
Leben der deutschen Natur mit der
Seele nachlebte und durchdrang. Als
malender Dichter und Märchener-
zähler war er einer der feinfühlig-
sten Geistesverwandten unserer Romantiker.
Deutsch war er durch und durch, trotz jenes
leisen italienischen Einschlages, der sich
manchmal bei ihm fühlbar macht, wie z. B.
bei seiner zartsinnigen »Frau Poesie im Ro-
senhag«. Ehrlich und aufrichtig war er in
jedem Zug und Gedanken, mag auch diese
oder jene seiner Kompositionen etwas Büh-
nenmäßiges an sich haben; so jenes Gemälde,

das da zeigt, wie die Jünger sich dem Hei-
lande zugesellen (im Rauhen Hause zu Ham-
burg).
Aber nicht jeder Gedanke, der Steinhau-
sens Leben und Schaffen leitete, war klar.
Das gilt im besonderen bei seinen Werken
auf dem für ihn wichtigsten Gebiete, dem
der religiösen Kunst. Er sträubte sich gegen
den Geist der Nazarener und konnte sich

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