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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 22.1925/​1926

DOI Heft:
Nr. 2 (November 1925)
DOI Artikel:
Pfeffer, Anton: Zwei Kepplerbüsten von Max Seibold
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https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/christliche_kunst1925_1926/0070
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ZWEI KEPPLERBÜSTEN VON MAX SEIBOLD

ZWEI KEPPLERBÜSTEN VON MAX SEIBOLD
Von A. PFEFFER-Rottenburg
Unter den Künstlern gibt es immer wieder solche, die still, in ihrem Schaffen der
breiteren Öffentlichkeit fast unbemerkt, ihres Weges gehen und doch Anspruch auf
Wertung und Würdigung haben wie andere Berufene im Reiche der Kunst. Zu diesen
Künstlern gehört auch der im besten Mannesalter stehende, in München seit Jahren
wirkende württembergische Landsmann Max Seibold, für dessen Können und Wollen
so manches Werk vorab in schwäbischen Kirchen zeugt. Freilich hat Max Seibold so
gar kein Talent für Reklame. Einfachen, schlichten, bescheidenen Sinnes, wie er erzogen,
vollzieht sich Lebensgang und Lebenswerk dieses Künstlers. Nichts deutet darauf hin
an der Öffentlichkeit, daß ihn enge Familienbande verknüpfen mit einer der meist-
genannten Führergestalten der katholischen Welt, gleich selten nach Geist und Charakter:
Bischof Paul Wilhelm von Keppler, dessen Doppeljubiläum der 64. Deutsche Katho-
likentag krönte. Max Seibolds Mutter Julie, geborene Keppler, die am 28. September 1902
in Stuttgart starb, war eine Schwester des Bischofs. Der Vater unseres Künstlers lebt
hochbetagt, aber körperlich und geistig rüstig in Stuttgart.
Unverdienter Glanz soll nach dem Willen unseres Künstlers aus dem bischöflichen
Palais zu Rottenburg nicht auf seinen Namen fallen. Daher absolut kein Betonen dieser
Beziehungen; lieber gar nicht genannt werden! Nun übertrug aber der Festausschuß
zur Vorbereitung des Silbernen Bischofs- und Goldenen Priesterjubiläums des Bischofs
Keppler Max Seibold die Anfertigung der Büste unseres Oberhirten. Diese Büste, über-
lebend groß, zierte die Festhalle zu Rottenburg bei den einzelnen offiziellen Akten.
Daneben fertigte der Künstler noch eine Bronzebüste. Beide Werke verdienen an sich
eine Wiedergabe in diesen Spalten, dann aber auch im Blick auf die Persönlichkeit des
Jubilars und auf sein Verhältnis zur christlichen Kunst. Diese Kunst, wie die Freude
und das Wohlgefallen am Schönen überhaupt ist aus dem Leben des Jubilarbischofs ja
gar nicht wegzudenken, wie jeder Leser dieser Zeilen weiß. Die tiefsten Wesens- und
Charakterzüge offenbaren freilich zunächst ein anderes, und damit kommen wir auf die
beiden genannten Büsten und das Wesentliche an ihnen.
Es mag geradezu unmöglich erscheinen, eine Persönlichkeit wie Bischof Keppler mit
einem alle Höhen und Tiefen des seelischen Spannungsbogens umfassenden Wesen, einen
Charakter, welchem schweigend ragende Größe des Ernstes und bezaubernde Liebens-
würdigkeit gleich gut liegen, in einem Brennpunkte zu fassen, in all ihren Wesens-
elementen auf einmal festzuhalten.
Der Grundzug im Charakter des Jubilarbischofs ist ja stahlharte Energie und Zucht
des Willens, durchdringende Schärfe des Verstandes. Dabei jeder Zoll Innerlichkeit und
Würde. Das Seltene bei dieser Charakteranlage ist nun, daß Bischof Keppler aber auch
weichster Regungen und Empfindungen des Herzens fähig und von einer Güte des
Wesens ist, daß er der erklärte Liebling der Kinder ist. Nicht umsonst erneuerte der
Jubilar am denkwürdigen 2. August 1925 gerade seinen Herzensbund mit der Kinder-
welt, einen Bund, welcher jeden Tag neu bekräftigt wird »durch Handschlag und Gruß
aus treublauen Augen« und durch ein »Gelobt sei Jesus Christus«, welches in Rotten-
burg gottlob noch nicht ausgestorben.
Das alles gibt einen Maßstab für die von Max Seibold zu lösende Aufgabe. Wie
mochte bei ihm noch das Moment persönlicher Verehrung mitsprechen aus Gründen des
Bluts und der Familie. Aber ein Blick auf unsere Abbildungen zeigt, wie sehr sich Max
Seibold ferngehalten hat von einer Übersteigerung des Persönlichen oder Geistigen, wie
sehr er den Wahrheits- und Wirklichkeitssinn des Dargestellten respektierte, wie sehr
er sich auch vor Seelenzerfaserung oder eitler Selbstbespiegelung hütete.
Klar und sicher baut der Künstler auf den Grundelementen im Charakter des Bischofs
auf: so schuf er vorab in der Bronzebüste ein Gesicht, in welchem sich Selbstzucht und
geistige Größe sozusagen in jeder Linie ausprägen. »Des Fürsten Hoheit und des Denkers
Kraft« kündet diese Stirne. »Des Mundes Bildung nenn’ ich streng und mild und tief
beredt im Reden und im Schweigen.« Diese Augen künden, daß die Mitra zur Dornen-
krone werden kann, aber daß sie die Kraft des treuen Hirten nicht zu brechen ver-
 
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