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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 18.1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.7196#0012
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— 410 —

4053,000 Gulden, wovon 1,800,000 Gulden durch frei-
willige Spenden, der Reſt vom Staate beſchafft wurde.

Großcommune Wien geſtiftet und rühren die großartigen
Entwürfe von Steinleher, während die auf das Schlüſſel-
amt Petri Bezug habende Gemälde der Presbyteriums-
fenſter noch Führich'ſchen Urſprungs ſind und die übrigen
Bilder von Profeſſor Trenkwald, von Reiſer und Sequens,
den Brüdern Jobſt, Prof. Laufenberger u. A. componirt
worden ſind. Durch beſondere Jnnigkeit zeichnet ſich Trenk-
wald's Marien⸗Cyelus an den Fenſtern des Kapellenkranzes
aus. Darſtellung, ſpezieller Anlaß und Widmung all dieſer
Glasgemälde regt den Betrachtenden mannigfach und würdig
an. Wenn die Fenſter eine ſo feſtliche, farbenreiche Sprache
führten, war die weitere Polychromirung eine natürliche,
gebieteriſche Conſequenz; ſie wurde aber mit Maß, und wie
wir glauben, mit feinem, richtigem Maße angewendet. Die
Polychromirung nimmt an den vergoldeten Kapitälen der
Pfeiler ihren Anfang und erſtreckt ſich aufwärts; ſie be-
ſchränkt ſich auf die Bemalung ſämmtlicher Gewölbefelder
und einzelner Theile der Wandflächen, während das archi-
tektoniſche Gerüſt, alſo Pfeiler, Rippen und Maßwerk, in
der natürlichen Steinfarbe verblieben ſind.
Am Langhaus-Gewölbe iſt der Stammbaum Chriſti in
Einzelfiguren und Medaillonsbildern, durch ſchön ſtyliſirtes
Geranke, aufgerollt, ein Opus der Gebrüder Jobſt. Vom
Schlußſtein der Vierung blickt das Oſterlamm nieder, von
acht Engeln mit den Paſſionswerkzeugen im Sterngewölbe
umgeben. Reich umrahmte Medaillons mit Apoſteln, Mär-
tyrern und anderen Heiligen theilen ſich in Chor und Kreuz-
ſchiff und wechſeln in den Gewölbefeldern des Chorumgangs
mit ſinnigem Pflanzenornament. Unter den Fenſtern des
Presbyteriums zieht ſich ein die Sündfluth behandelnder
Fresken⸗Cyclus hin (nach Führich von Wörndle gemalt)
und einen leiſen coloriſtiſchen Anhauch haben noch die ſchönen
Erler' ſchen Apoſtel an den Pfeilern der Apſis.
Bezüglich der übrigen Ausſtattung der Kirche darf ich
mich wohl auf kurze Andeutungen beſchränken. Zunächſt
vom Hochaltar; er iſt ein Ciborium-Altar und hat eine
Menſa aus Laaſer und alabaſterartigem, ägyptiſchem Mar-
mor mit Moſaik-Einlagen; die Retable iſt aus vergoldeter
Bronze mit ditto Figuren in Niſchen und Emailſchmuck;
der Baldachin aus Jſtrianerſtein ruht auf vier Säulen
rothen ſächſiſchen Granits, hat figuralen Moſaikſchmuck auf
Goldgrund in den Giebel-Feldern und trägt die vergoldete
Geſtalt des Erlöſers über der Vierung, von Engeln umgeben.
Die Kanzel, auf zwei Pfeilern freiſtehend, iſt ein auf
Alabaſterſäulen ruhendes Hexagon mit doppelrampigem Auf-
ſtieg, mit ſäulengetragenem Baldachin und mit ſchönen Re-
ſiefs der Kirchenväter auf Goldgrund⸗Moſaik an der Brüſtung.
Der Taufſtein iſt aus ägyptiſchem Marmor hergeſtellt
und erhält einen reich ornamentirten Bronzedeckel. Ein
ſtylvolles Schmiede-Eiſengitter, deſſen Sockel abermals der
herrliche Stein aus Aegypten beſtreitet, ſchließt den Chor
gegen den Umgang ab. Thürbeſchläge, Leuchter, Lampen
ſind ebenſo ſtylgerecht als geſchmackvoll, und hat ſich um
die künſtleriſche Erfindung dieſer ſchönen Hausrathsſtücke
der Bauführer Riewel beſtens verdient gemacht.
Das gewaltige Orgelwerk ſtammt von den Gebrüdern
Walker in Ludwigsburg her und iſt das einzige Stück
Kircheneinrichtung, das von auswärts bezogen worden iſt.
Die Pflaſterung beſteht aus gemuſterten Thonfließen.
So viel über den Monumentalbau, den das öſterreichi-
ſche Herz votirt, deſſen Koſten öſterreichiſche Opferwilligkeit
beſtritten hat und deſſen Erfindung und Ausgeſtaltung
zſterreichiſche Kunſt iſt. Die Geſammtkoſten betrugen

Die Kirche in Weingarten bei Offenburg
(Schluß.)
Wenden wir uns nun zu den Altären, ſo bilden ſie
unſtreitig, wie es auch ſein ſoll, den Glanzpunkt der neuen
Kirche. Alle drei ſind aus dem Atelier des ſeligen Herrn
Marmon, des allbekannten Meiſters. Die beiden Seiten-
Altäre, durch milde Beiträge geſtiftet, ſind einfach und klein,
wie es die niedrigen Seitenſchiffe fordern, aber würdig und
edel. Die Madonna mit dem Jeſuskinde, ein äußerſt liebes
Bild, hat zu ihren Seiten rechts die heilige Mutter Anna
(aus einem Buche leſend), links die heilige Magdalena mit
dem Todtenkopfe. Alle drei Bilder ſind ihres Meiſters
würdig, ſowohl in Geſichtsausdruck als auch in Haltung
und Gewandung.
Der Joſephsaltar, mit den Bildern des heiligen
Joſeph, St. Wendelin und St. Georg, iſt in den Formen
dem Marienaltare gleich, doch etwas einfacher gehalten;
auch die Statuen zeichnen ſich weniger durch Kunſt und
Reichthum aus, ohne jedoch eines edeln, würdigen Ausdruckes
zu entbehren. —
Den Juwel der ganzen Kirche bildet aber der Hoch-
altar, ein Meiſterwerk gothiſcher Kunſt im vollen Sinne
des Wortes. Leicht und ſchwungvoll gearbeitet prangt er
auch durch reicheren Schmuck als die Seitenaltäre. Der
große Tabernakel mit ſeinen Flügelthüren bildet, wie es
ſich gebührt, das Centrum des ganzen Altares. Rechts und
links ſtehen in kunſtvollen Niſchen die beiden Patrone der
Kirche, die heiligen Apoſtel Philippus nnd Jakobus, zwei
erhabene, ernſte Geſtalten in reicher Gewandung. Jhnen
zur Seite in kleineren Niſchen oder vielmehr unter gothi-
ſchen Bogen, rechts St. Konrad, Patron unſerer Erzdiözeſe,
links St. Bernhard von Baden, Patron unſeres Landes,
nicht minder reich und prächtig als die beiden Hauptfiguren
der Apoſtel, wenn auch bedeutend kleiner. Der obere Theil
des Altares enthält unter den ſchlanken Thürmchen die
Kreuzigungsgruppe: Chriſtus am Kreuze mit Maria und
Johannes, wovon die beiden letzten Geſtalten ſich äußerſt
lieb und anmuthig ausnehmen. — Wer dieſen Altar ſieht,
iſt darüber entzückt und ſo lange derſelbe ſteht, ,,wird das
Werk den Meiſter loben.''
Daß die Großherzogl. Regierung die Summe für dieſen
neuen Altar (3500 b) nebſt Kanzel und Communionbank
nachträglich bewilligt hat, ſoll hier nicht unerwähnt bleiben. —
Bei dieſem Hochaltar muß nach Verdienſt auch noch
ein weiteres Kunſt- und Meiſterwerk erwähnt werden,
nämlich eine neue gothiſche Monſtranz, von dem rühm-
lichſt bekannten Herrn Feurſtein in Freiburg geliefert. Die-
ſelbe hat eine ſo edle gothiſche Form, wie ich es kaum je
geſehen, und eine ſolch' anſehnliche Größe, daß ſie, zwiſchen
den Flügelthüren exponirt, die ganze Höhe des Tabernakels
einnimmt und mit dem Ganzen des Altares in ſchönſter
Weiſe harmonirt. — Kanzel und Communionbank,
von einem Meiſter in Karlsruhe, Herrn Steveſand, gefertigt,
entſprechen ebenfalls allen Anforderungen der Kunſt; ins-
beſondere iſt der Unterbau der Kanzel ſehr ſchön. Der
Deckel dürfte etwas reicher ſein und der gothiſche Aufſatz
bedeutend höher. Er nimmt ſich ſchwerfällig aus gegen-
über der immenſen Höhe des Schiffes und den ſchlanken
Thürmchen der Altäre. Dieſem Fehler wäre jedoch leicht
abzuhelfen. —

Verantw. Redact. und Herausgeber: Dr. Stephan Braun in Freiburg. — Druck von J. Dilger in Freiburg
 
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