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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 18.1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.7196#0017
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 178.

Domine dilexi decorem domus iuae. Ps. 25, 8.

1879.

Die Kunſt und der Klerus

gelder für die neuen Culturaufgaben, Kaſernen, Rekruten-
übung u. ſ. w. Das aufkommende Fabrik-Baronenthum
behalf ſich mit dem Schein und Surrogat der Kunſt.
Jnnerhalb der vom Staat großgezogenen ,,Staatskirchen-
diener'' galt der falſche Spiritualismns, jene Plattheit und
Flachheit, die gegenüber allen Formen des kirchlichen Lebens
und ſo auch gegenüber dem Kirchenſchmuck nur das Wort
des Judas hatte: ,,Ad quid perditio hase!' ,,Wozu ſolche
Verſchwendung!''
So mußte geſchehen, was geſchehen iſt. Viele Zweige
des Kunſtgewerbes gingen ganz ein. Andere ſtreiften allen
Charakter der Kunſt ab. Was übrig blieb, producirte nach
dem Grundſatz ,,billig und ſchlecht''. Das war das Ver-
dienſt unſerer Aufklärung! Sie liebte den Geiſt und nichts
als den Geiſt, und in dieſer Liebe tödtete er den Leib, in
dem er lebte, und damit dieſen Geiſt ſelbſt für dieſe Welt.
Nach Aufhebung der Ordenskirchen blieben nur noch
die einzelnen Ortskirchen als das Gebiet, auf dem der
Klerus ſein Kunſtintereſſe bethätigen könnte. Allein abge-
ſehen davon, daß dieſelben viel geringere Geldmittel dar-
bieten, iſt die hier mögliche Unterſtützung dadurch ſehr be-
ſchränkt, daß der Einfluß des Geiſtlichen vielfach an den
Kunſtgeſchmack der Gemeindebehörden u. ſ. w. gebunden iſt.
Schon die Frage, ob Anſchaffungen nothwendig ſeien, wird
von Verſchiedenen ſehr verſchieden beantwortet, je nachdem
der Sinn für Ordnung, Reinlichkeit, je nachdem das Jn-
tereſſe am kirchlichen Leben und deſſen äußeren Formen
ausgebildet iſt oder nicht. Dieſelben Geſichtspunkte werden
maßgebend bei der Auswahl, wenn es wirklich einmal zu
Neuanſchaffungen kommt. Jn dieſer und ähnlicher Weiſe
gehindert, kann es der Geiſtliche wohl bedauern, der Kunſt
nicht beſſer dienen zu können, aber er kann es nicht ändern.
Nicht er iſt es, der den Beutel führt.
Einen ſchlechten Dienſt erfährt die Kunſt von einer ge-
wiſſen Sorte von ,,Kunſtfreunden''. Bekanntlich iſt heut-
zutage der Enthuſiasmus für alte Kunſtgegenſtände und
eine Art ,,Antiquitätenſchmeckerei'' Mode geworden. Jede
Mode iſt aber eine affeotio inordinata, wird zur Sucht,
die ihren Zweck auf unverſtändige Weiſe verfolgt und

Jn letzter Zeit vernahmen wir wiederholt einen Appell
an die Geiſtlichkeit zur Bethätigung ſeines Jntereſſes an
dem neuauflebenden Kunſtgewerbe. Wir wiſſen uns mit
dieſer Mahnung, mit der ihr zu Grunde liegenden Ten-
denz ganz einig. Auch wir ſind der Anſicht, daß das neue
Kunſtgewerbe zu ſeiner Entfaltung der Beihilfe der Kirche
dringend bedarf, wie es einſt unter ihr und durch ſie groß
geworden iſt. Wir glauben aber auch, daß es unſerer Zeit,
daß es beſonders jenen Kreiſen, die ſich heute als Kunſt-
freunde in den Vordergrund ſtellen, ſehr nützlich wäre, über
die Urſachen nachzudenken, die ſeiner Zeit den Niedergang
der Kunſtinduſtrie verſchuldet haben. Auch hier, wie in
allen Dingen, iſt die Erkenntniß der begangenen Fehler der
Anfang der Beſſerung.
Die erſte Schuld trägt die Zerſtörung der Klöſter und
anderer kirchlicher Corporationen, die Säculariſirung des
kirchlichen Vermögens. Als man zu Ende des vorigen und
Beginn des gegenwärtigen Jahrhunderts die Ordenshäuſer
aufhob, da that man alles — ,,im Namen der Cultur''.
Zur Cultur gehört Wiſſenſchaft und Kunſt. Von Seiten
der Wiſſenſchaft haben ſeitdem Männer wie der alte Böhmer
von Frankfurt, Proteſtant und anerkannt der Patriarch
unſerer neuen Geſchichtsforſchung, es oft beklagt, daß ſeit
Aufhebung der vielen alten Klöſter und Stifte die Heraus-
gabe großer Sammelwerke, wie ſie das 17. und 18. Jahr-
hundert ſchuf, Werke, welche die Grundlage aller weiteren
wiſſenſchaften Arbeiten auf hiſtoriſchem Gebiete bilden, wenn
nicht unmöglich, ſo doch ſehr erſchwert ſeien. Jene kirch-
lichen Anſtalten bildeten das Abſatzgebiet für dieſe Art Lite-
ratur, die jetzt auf die öffentlichen Bibliotheken und nur
ſehr vereinzelte Privatperſonen beſchränkt bleiben müſſe.
Jn viel höherem Grade mußte das Kunſtgewerbe dieſen
Uebelſtand eines fehlenden Abſatzgebietes empfinden. Die
Kunſtinduſtrie wurde in der weiten lokalen Ausdehnung,
die ſie früher beſaß, zerſtört. Die Staatskaſſen nahmen
wohl die Gelder, aber nicht die Beſtellungen der alten
Klöſter auf ſich. Der Staat bedurfte die alten Kloſter-
 
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