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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 3.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.20547#0013
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Schönheitm des kleinen Originals. Der Heiland am Kreuze hat schon sterbend
das Haupt gesenlt, Maria lniet mit gefalteten Händen aufwärtsblickend auf der
einen Seite, währeud auf der andern Johannes steht. Anßerdem nnr zwei
begleitende Frauen und wie gewöhnlich Magdalena den Kreuzesstamm umfassend;
Stadt und Berge im Hintergrunde. Der Farbenton ist der der früher beschrie-
benen Auferstehung, grau mit weißen Lichtern, der Holzschnitt nicht minder
vortrefslich, besonders aber wiederum derZeichner, Herr Andreä, zu rühmen, der
bei aller Vorliebe für den alten, ties empsindenden Meister doch das unsern
Zeitgenossen Ungenießbare richtig vermieden hat. Johannes ist hier ein andrer,
als ihn moderne Sentimentalität gebildet hat, mehr gedrnngener Gestalt, mit
kräftigem, von dichten Locken umgebenen Haupte, und auch an der Jungfran,
deren Züge vielleicht etwas älter erscheinen könnten, ist der Ausdruck ruhiger,
frommer Ergebung wohlthuend. Ein schönes Erbtheil der alten Schule endlich
ist die Gewandung beider Figuren, lebensvoll, ernsthaft, in der Fülle der Falten
bürgerlich bescheiden, in sich und dem Charakter der Gestalten harmonisch, und
völlig geeignet, eine wohlthätige Einwirlung aus die Beschauer allmälig und un-
bemerkt auszuüben. Möge dem Blatte bald die wünschenswerthe Verwendung an
vielen Orten werden. K. S.

Äufruf zur Sildung eines Sereins fnr kirchliche Kunft im Konigreich

Sachsen.

Ie mehr sich gegenwärtig die wohlbegründete lleberzengnng beinahe allerwärts Bahn bricht, dasi
die Kirche nicht von dcm Leben des Volkes sich ablosen darf, sondern dasselbe mit ihren höheren
Lcbenskräften dnrchdringen musi, wenn sie auch nur annähernd ihre hohe Bcstimmnng erfüllen will,
dcsto augenfälligcr tritt die Nothwendigkeit hervor, dasi alle edlere Gaben und Kräfte, wclche Gott
den Menschcn gegebcn hat, sich mittelbar oder unmittclbar in ihren Dienst ftellen müssen, um anch
ibrerscits dem (rvangelinm Bahn zu machen in die Herzen der Menschen. Dies gilt im weitesten
Umfange von einer der edelsten Gottesgaben, — der bildenden Knnst. Welchc trencn und
unvergeßlichen Dienste sie schon dcr Kirche Christi gcleistet hat, davon gebcn alle Iahrhundcrtc
Zengnisi, insonderheit aber jcne Zeit, welche man so gern mit dem Namcn des dnnketn Mittelaltcrs
bezeichnct. Denn wenn etwas aus diesem Dnnkel mit unvergänglich hellem Lichtglanze in nnserc
oft gar zu nüchtern-hcllc Zcit herüberlcuchtet, so sind cs dic köstlichen Gebildc der kirchlichen Knnst
in Malerei, Skulptur und Bauknnst. Man braucht gegen die Vorzüge dcr Gegenwart nicht blind
eingenommen zn sein, nm behauptcn zu könncn, daß sie in dieser Beziehung gcgen frühere Iahrhun-
dcrte nur eine beklagenswerthe Armuth anfzuweisen hat; man braucht nur ein Land, wie Sachsen,
zu durchwandern, um alsbald die Uebcrzengung zn gewinnen, dasi, waö wir an edeln kirchlichen
Bauwcrken rc. besitzcn, ein brbtheil längst vcrgangener Zciten ist, während man zum grosien Theil
die in ncucster Zeit gebantcn Kirchen nur als Zcugen völlig geschwundencn kirchlichen Geschmacks
betrachten kann. Und doch ist die Ursache dieser Verarmung keineswegs in dcn Grund>ätzen der
lutherischen Kirche zn snchen, da, wie allbekannt ist, Luther selbst der Anwendnng dcr Knnst in den
Gotteshäusern ganz entschieden das Wort geredet hat. Es scheint anch, dasi sich nnscre Zeit einer
schwercn Vernachläsiigung und Untrcue in diesem Pnnkte mehr nnd mehr bewusit wird. Schon
haben sich, nm von England zn schwcigen, im Bereiche der evangelischen Kirchc Dentjchlands hicr
nnd da, z. B. in Berlin, Stuttgart und Hamburg, Vereine sür christliche Kunst gebildet und von
dcm zu Stuttgart ist bekannt, dasi cr bereits eine sehr erfolgreiche Thätigkeit entsaltet hat. Die
Unterzeichneten haben sich daher gedrungen gefühlt, wenigstens den Versuch zu machcn, ob nicht auch
 
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