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Jdee kunstgerecht zu verarbeiten hat. Merdings wird jener Jnhalt nicht nur
nach der Jndividualität des Künstlers, sondern auch nach dem Geiste der Kirche,
welcher er zngethan ist, sich bedeutsam modificiren; und sosern der Geist der
verschiedenen Kirchen ein verschiedener ist, wird er auch in den aus ihrem
Schoße hervorgegangenen Knnstwerken sich abspiegeln und ihnen insofern ein
specifisch kirchliches Gepräge aufdrücken. Aber je höher der Künstler steht,
desto mehr wird diese Disserenz zurücktreten, desto mehr werden seine Darstel-
lungen in dem ewigen Ouell des christlichen Glaubens, aus dem auch alle die
verschiedenen Kirchen und Konsessionen schöpfen, gereinigt und geläutert zn sein
scheinen. Bei Raphael, Leonardo da Vinci, Perugino, Franc. Francia, Fra
Angelico :c. erscheint die Madonna nicht im Sinne der imnmoulakn eonesxtio^
nicht als Himmelskönigin — selbst nicht, wo sie die Krone empsängt, — nicht
als Gnadenspenderin aufgesaßt, sondern nur als die begnadigte Mutter des
Herrn, als Vorbild jungfräulicher Reinheit oder mütterlicher Hingebung, höchstens
— wie in der Sixtina — als Prototyp der zukünftigen vollendeten idealen Läu-
terung nnd Verklärung der sündigen Menschenseele durch den christlichen Glauben.
Darum wird auch vem strengen Protestanten — der einen nnbefangenen Sinn
sür wahre Schönheit mitbringt — beim Anblick dieser Madonnen eine künstle-
rische Weihe, eine religiöse Erhebung überkommen, die er bei vielen Bildern
gut protestantischer Künstler nicht zu empfinden vermag. Denn nicht die Kirche,
sondern die (in Religion und Sittlichkeit wurzelnde) Kunst macht den Künstler,
und nicht die Konfession, sondern das Christenthum in seiner ewigen Wahrheit
steht zur Jdee der Schönheit in unmittelbarer Beziehung. —

Wir glauben einen Widerschein dieser innigen Verwandtschaft zwischen der
Schönheit und dem Christenthum in Steinhäusers Werken bemerkt zu haben,
und darum wünschten wir, daß die Freunde christlicher Kunst zusehen, ob sich
ihnen unsere Bemerkung bestätigt oder ob wir im Jrrthum besangen sind.

Wir kennen zwar seine neueren Schöpfungen nur aus den tresflichen römischen
Photographien, die uns ein Freund mitgetheilt hat, und sie gewähren, so voll-
kommen sie auch sein mögen, doch keinen völlig sicheren Anhaltepunkt für die
Beurtheilung plastischer Werke in speciell künstlerischer, technischer Beziehung.
Allein um den Geist und Charakter der Composition, die Seele des Kunst-
werks, zu erkenuen, wird in der Regel das mathematisch genaue Abbild einer
guten Photographie genügen; uud wir gestehen, daß wir künstlerisch uugebildet
genug sind, um — wenn wir nicht Beides haben können — dem hohen Geiste
eines Kunstwerks Den Vorzug zu geben vor hoher technischer Vollendung, wenigstens
bei Darstellungen aus dem religiösen Gebiete.

Die uus vorliegenden Photographien sind zum größern Theil Abbildungen
von Grabmonumenten, die Steinhäuser für die Frau Consul Heineken in
Bremen, den Consul Delius iu Neapel und einige amerikanische Familien ge-
sertigt hat. Unter ihneu tritt eine Grablegung Christi bedeutsam hervor und
verdient jedenfalls das Lob eiuer edlen Einsachheit und harmonischen Abrundung
der Composition. Eine Madonna mit dem Kinde, im Besitz der Gräfin Er-
dödy zu Wien, erinnert an die besten Werke dieser Art von deutschen Meistern
des sünfzehnten Jahrhunderts, nur ist sie plastischer, stilgemäßer gehalten: sie
 
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