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Verfasser scheint eben das im 15. Jahrhundert eindringende Heidenthum und
die Resormation den Untergang der mittelalterlichen Kunst herbeigeführt zu
haben, während man doch wohl zu der Vermuthung berechtigt ist, daß ganz
abgesehen von diesen Elementen die Ausartung innerhalb des gothischen
Stils das traurige Anzeichen des nahenden unaushaltsamen Verfalles war.
Jnsbesondere bemerkenswerth ist die Aeußerung des Versassers/ „Auf dem Ge-
biete des Protestantismus hörte, wenn wir von der Musik absehen, die kirchliche
Kunstproduktion schlechthin aus. Natürlich entsprach am wenigsten die gothische
Kunst dem „„reinen Lichte"" des Evangeliums, welches nach der maßgebenden
Vorstellung durch das Mittelalter nur verdunkelt worden war;" indem er gleich
darauf sich zu ver Anerkennung genöthigt sieht, vaß in der protestantischen
Kirche Deutschlands die christliche Kunst mehr und mehr gewürdigt wirv. Wenn
die „Neuerungssucht im Gebiete des Glaubens einen eisigen, die Kunstblüthe
erstarrenden, Wirbelwind" erzeugt haben soll, glaubt dann der Verfasser, daß
die musikalische Kunst und die neuen Regungen in der bildenden Kunst von
einer der Reformation sich entsremdenden Richtung ausgegangen seien? — Wenn
er später sagt: „Ueberhaupt scheint die Gegensätzlichkeit zwischen den beiden
Konfessionen an Schärse zu verlieren; Dank der wachsenden Einsicht, daß es
vor Allem gilt dem gemeinsamen Feinde gegenüber Front zu machen," so wird
dieß in gewissem Sinn auch von protestantischer Seite zugestanden werden;
aber das wird nicht aufgegeben werden können, daß die christliche Kunst aus
dem evangelischen Standpunkte auch einseitig zur Gothik zurückkehren müsse,
und wie wir dafür halten, daß der „zur neuen Manier, welche durch die Schrift-
gelehrten ausposaunt worden war, verlockte" Dürer ein lebendiges Zeugniß
sür die protestantisch-kirchliche Kunstproduktion sei, so müssen wir der kirchlichen
Kunst überhaupt die Freiheit wahren, in einer andern als der gothischen Form
„christlich" zu sein. — Daß das Studium der mittelalterlichen Kunst, daß die
treueste Erhaltung der Denkmäler und ein inniges Nachempfinden ihrer ganzen
Schönheit der modernen Kunst nur zum Segen gereichen könne, ist auch unsere
Ueberzeugung; nothwendigerweise müssen aber bei Liesem Studium sich an der
Hand der vergangenen Kunstperiode neue Formen für die Anschauungen der
Gegenwart entwickeln, und dann werden wir erst recht mit Freuden einstimmen
in den Ausspruch: „der Wiederaufbau der Kunst aus der christlich nationalen
Basis, in freier lebendiger Weise, ist Lereits handgreisliche Wirklichkeit."

Chronik.

Christliche Kunstvereine. Die schon seit ILngerer Zeit beabsichtigte Grünkung eines
„Vereines sür kirchliche Kunst" in Sachscn ist nach erfolgter Konslituirung des Vorstandes durch
Künstler, Geistliche und Kunstsrcunde in Dresden nnd Leipzig, sowie dnrch das Ergebniß der an
die Freunde des Unternehmens gerichteten Beitritts-Aufsordernng als gelungen zn betrachten. —
Die von den Ständen des Kbnigreichs bewilligte Snmme von 5000 Thalern sahrlich für „Kunst-
zwecke" wird zum Theil auch diesem jungen Verein eine hoffentlich rccht sörderliche Unterstütznng
gewähren.

Berantwertliche Redaction und Lerlag von Ebner L Seubert in Stuttgnri.
Druck der I. G. Sprandel'schen Buchdruckerei daselbst.
 
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