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renden gegenüber gilt ohne Zweisel auch in Bezug anf die Künste das Wort
Jesu: „lasset sie zu rnir kommen und wehret ihnen nicht, denn ihr ist das Reich
Gottes." Also ist auch die Gemeinde, welcher Alles gehört, weil sie Christo
gehört, jedensalls berechtigt, die Kunst so gut als die Wissenschast in ihren
Dienst zu ziehen, um von ihr sich das äußerlich zeigen und zeichnen, vorstellen
und erinnern zu lassen, was in ihrem Jnnern Gestalt gewinnen und es in's
Bild Gottes verllaren soll.

Wenn dann der Vater der Lichter, von welchem alle gute und vollkommene
Gabe herabkommt, Männer voll heiligen Kunstgeistes erweckt, welche die Heils-
geschichte mit dem Lichte der Schönheit zu beleuchten, die Predigt des Wortes
mit künstlerischer Hand zu unterstützen vermögen, so ist es auch wahrlich Pflicht,-
die Kunst als berufeneMitdienerin amWorte redlich zu benützen mit demselben
Danke, der für jede andere Gnadengabe gebührt. Denn allerdings soll es
dabei bleiben: nicht Gnadenmittel wie das Wort, sondern nur Gnadengabe
ist das Bild. Dieses kann entbehrt werden, und soll nicht an die Stelle
des geschriebenen und gepredigtenWortes treten, außer in so besonderen Fällen,
wie der solgende etwa ist. Ein Geistlicher erzählt nämlich, daß er einen taub-
stummen Menschen habe confirmiren müssen, dem er auf keine Weise Unterricht
habe ertheilen können, so daß er etwas recht erfaßt hätte, bis er Bilder zur
Hand genommen habe, durch deren Hülfe es ihm endlich gelungen sei, dem
Armen das Leben, Leiden und Sterben des Heilandes deutlich zu machen.

Nicht als Ersatz denn, sondern als trefflichstes Hilfsmittel kann und soll
das Bild allgemein an die Seite der Predigt und Lehre treten zunächst für
das junge und alte Volk, welches des Lesens noch nicht oder nicht recht sähig
ist. Das gilt noch heute wie vor langen Zeiten. Ausdrücklich sollten, als
vom 4. Jahrhundert an die ungebildeten Volksmassen in die durch Constantin
weitgeöfsneten Psorten der Kirche strömten, die Mosaikbilder an den Wänden
der heiligen Gebäude „eine Bibel der Laien" sein: „damit die, welche Ge-
schriebenes nicht verstehen, wenigstens an den Wänden sehen und lesen, was sie
in den Büchern nicht lesen können," wie Papst Gregor der Große zu Ende
des 6. Jahrhunderts schreibt. Und der, welcher uns mehr ist, als Gregor der
Große, unser Ur. Luther betont wiederholt, wie „die Kinder und Einsaltigen
durch Bildniß und Gleichniß besser bewegt werden, die göttliche Geschichte zu
behalten, dann durch bloße Wort oder Lehre." Ein rührendes Beispiel aus der
neuern Missionsgeschichte ist der alte getauste Neger in Afrika, welcher dem
Missionär Stanger mit einem Büchlein unter dem Arm begegnete und auf die
Frage „Woher?" die Antwort gab: er habe gepredigt und wolle noch ferner
predigen. Der Missionär erschrack, weil er wußte, daß Abraham, so hieß der
Neger, weder lesen noch schreiben könne, und fürchtete Schlimmes; aus seine
Frage, wie und was er predige, zog Abraham ein biblisches Bilderbüchlein
hervor, das von Basel hingesandt worden war, und sagte: „Jch sammle mir
Lente zusammen, mache mein Büchlein auf, zeige ihnen ein Bild, erzähle die
Geschichte, welche das Bild darstellt, und fahre so fort, bis sie die Bilder alle
und ihre Geschichte gesehen und gehört haben."

Außer der unmittelbaren Beihülfe zum Religionsunterricht gewähren
 
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