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Bilder, deren Gegenstände, wenigstens wie er sie auffaßte, dies recht zum Austrag
bringen konnten!
Nach einigen religiösen Darstellungen von entschiedener Düsseldorfer Auf-
fassung, die eine feine und noble Empfindung bekundeten, entstanden wohl in
der Fruchtspenderin, welche die königl. Pinakothek in München schmückt
und die in brillantem Stich weitere Verbreitung gefunden, und in der „wei-
nenden Rahel, die sich nicht will trösten lassen," seine bedeutendsten
Bilder. Er war noch gesund und ohne zu drückende Sorgen. Namentlich die
Rahel gehört zum Allerschönsten, was in Dresden gemalt worden ist, wenigstens -
erschien es mir eins der bedeutendsten Bilder der großen allgemeinen deutschen
Ausstellung von Köln, wohin Dresden es damals gesandt. Es ist wirklich
malerisch gedacht, nicht nur mit Farben ausgeführt; es hat den vollen Zauber,
den Farbenpoesie ausübt.
Wichmann malte in Rom ein großes Bild, „Kommet her zu mir alle, die
ihr mühselig und beladen seid;" aber Italien ließ keinen wesentlichen Fortschritt
erkennen, Italien war ihm schon früher in Dresden aufgegangen.
Es entstand dann eine Reihe von Werken, theils Stafseleibilder, theils auch monu-
mentale Arbeiten für Kirchen, die alle ernstes Streben und eisernen Fleiß bekundeten.
Wer ihn zuletzt noch arbeiten gesehen, als er schon ganz abgezehrt war,
kaum fähig zu gehen und zu reden, wie er in seiner Werkstatt stets vor der
Staffelei zu finden, in diesen letzten Wochen fast unbeweglich im Rollstuhl, immer
arbeitend, ruhigen, klaren Geistes, freundlichen, ja ost begeisterten Blicks,
der wird dieß Bild eines echten Künstlers nie vergessen. Er hat gemalt bis
zwei Tage vor seinem Tode, seiner ersten Liebe, der Kunst, getreu bis zum
letzten Athemzuge, und liebend besorgt für seine Familie.
Seine Frau legte, als sie ihn das letzte Mal gebettet, ohne zu ahnen,
daß es zum Sterben gehe, ihm Orangen in den Arm und stellte blühende
Veilchen dicht an sein Haupt; sein schon brechendes Auge freute sich noch einmal
am Farbengold der südlichen Frucht und der Duft der Veilchen dazu erinnerte
ihn an Italien „wie wenn ich in Rom wäre," aber sein Geist war bald ganz
in der himmlischen Heimath und die Lippen beteten oft den schönen Vers: „Mir
nach, spricht Christus, unser Held."
Neben dem offenen Sarg, der von Freundeshand reichlich mit Palmen
gedeckt war, stand sein letztes, nicht ganz vollendetes Bild „Rembrandt und
seine Freunde," das wohl entstanden war gewissermaßen als Pendant zu seinem
vorletzten, das die Dresdener Gallerie besitzt, „Aretin und seine Freunde" —
dort eine italienische Gesellschaft von Männern und schönen Frauen unter
immergrünen Bäumen an sprudelnder Fontäne — hier Niederländer bei fröh-
lichem Mahle im Freien — Amsterdam im Hintergründe; von den Wänden schauten
lebenvolle Studien herab. Ein langer Zug seiner College», die allesammt ihn
hochschätzten, welcher Richtung sie auch angehörten, weil er so biederen Sinnes
— und was bei Künstlern leider so selten der Fall —so neidlos war. Daheim
aber weinen ihm nach seine Wittwe und seine drei Kinder. X

Berannvvrrlrche Revacnvn und Bering von Ebner L Seuberl in Sruiigari.
Schnellpressendruck von Ung. Warner, vormals I. G. Sprandel, daselbst.
 
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