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„Der Verein für Erbauung kirchlicher Gebäude in Berlin besteht nun seit 1^/s
Jahren und hat in dieser Zeit Gunst und Ungunst von manchen Seiten erfahren^
Besonders ist ihm Unklarheit und Unbestimmtheit seiner Ziele vorgeworfen, und man
hat gefordert, 'er solle stets nur für den Bau einer bestimmten Kirche sammeln. Der
Verein hat sich bisher lediglich durch das dringendste Bedürfniß bestimmen lassen und
die Wege betreten, die sich offen zeigten. In gleicher Weise wird er auch fernerhin
anf alle Fingerzeige achten, um. den Platz, wo er arbeiten muß, zu erkennen, ohne sich
auf eine bestimmte und begrenzte Art von Aufgaben zu beschränken. Sehen wir zunächst,
wozu er die Beiträge verwendet hat, die ihm bisher zugeflossen sind.
„Nach neunmonatlichem Bestehen fand der Verein zuerst Gelegenheit, dem Pastou
Bögehold zu dem bekannten Bau einer Kapelle in der Elisabeth-Gemeinde 2000 Thlr.
zu geben, wodurch der Beginn des Baues, der nun vollendet ist, möglich gemacht
wurde. Es ist bekannt, daß dieser Bau einem großen Bedürfniß abhelfen soll, daß
also der Beitrag des Vereins am rechten Orte war.
„Darauf wurde der Verein ersucht, die Ausstattung der Jnterimskapelle für die
Gemeinde zum heiligen Kreuz zu geben. Diese von der St. Jakobi-Gemeinde abge-
zweigte, täglich wachsende Gemeinde miethete ein Local am Johannistisch und erhielt
zur Ausstattung desselben aus der Vereinskasse 597 Thlr. Das Bedürfniß und die
Noth war an dieser Stelle so groß, daß der Verein die an ihn gerichtete Bitte unmöglich
ablehnen konnte.
„Als dritte Aufgabe stellte sich der Bau einer Interimskirche für die Zwölf-Apostel-
Gemeinde heraus. Diefe Gemeinde ist etwa feit 1'/? Jahren constituirt und hatte einen
Prediger, aber keine Kirche. Sie umfaßt den Theil der Stadt zwischen dem Canal
und Schöneberg und erstreckt sich von der Schönebergerstraße bis zum zoologischen Garten.
In diesem Bezirk wohnen etwa 13,000 Seelen, deren Zahl täglich zunimmt und in
kurzer Zeit sich verdoppeln wird. Es war nur der kleine Betsaal des Siechenhauses
Bethesda zu Gottesdiensten zu haben. Dieser höchstens 100 Menschen fassende Raum
reichte natürlich nicht aus. Die Gemeinde hatte nun zwar einen großen Kirchenbauplatz in
der Churfürstenstraße gekauft, hatte aber noch gar keine Aussicht auf Erbauung einer
Kirche, da weder der Plan dazu fertig, noch die Baugelder bereit siud. Der Prediger
und die Repräsentanten der Gemeinde, sowie das königliche Cousistorium wandten sich
daher an Len Verein mit der Bitte um Erbauung einer Jnterimskirche auf dem Kirchen-
platze der Gemeinde. Am 2. Juni dieses Jahres wurde beschlossen, der Bitte zu ent-
sprechen, und schon am 1. October konnte die Jnterimskirche eingeweiht werden.
„Dies Nothkirchlein ist von der Eingangsthür bis zum Ende der Altarnische 70
Fuß, der iunere Raum für Bänke bis zum Altar 55 Fuß lang und 35 Fuß breit.
Neben dem Altar befindet sich eine kleine Sakristei und eine Taufkapelle. Die Emporen
sind von der Vorhalle aus durch 2 Treppen zugänglich. Sie gewähren den Raum
für eine Orgel, welche die Gemeinde Herstellen läßt, und haben etwa 180 Sitzplätze,
während im Schiff fast 300 Plätze sind. Die aus Mauer-Fachwerk bestehenden Seiten-
wände sind 24 Fuß hoch und die Höhe vom Fußboden bis zur Mitte des Daches be-
trägt 30 Fuß. Zwei Reihen Fenster, von denen die oberen 7 Fuß hoch sind, geben
d^m Innern volles Licht. Der ganze Bau, ausschließlich der Glocke, Orgel, Vorhänge,
Altar- und Kanzelbekleidung, ist für den sehr geringen Preis von 4500 Thlr. hergestellt.
„Die Einweihung fand am 1. October in erhebender Art statt. Die Wciherede
des Oberconsistorialraths vr. Koegel und die Predigt Les Pastors Wellmer erscheinen
in den nächsten Tagen im Druck. Am Abend vor der Einweihung hatte ein Gemeinde-
glied dem königlichen Polizeipräsidium eine Anzeige gemacht, in welcher auf sehr ent-
stellte Weise der Bau als unsicher und gefährlich beschrieben und völlig falsche Angaben
 
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