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dessen Reichthum an Figuren und seine Anlage im Allgemeinen beschreibend
aus, gibt jedoch als Grund seiner Errichtung an, daß St. Sebald die christliche
Religion den Bewohnern der Gegend von Nürnberg gelehrt, und daß man ihm
aus Dankbarkeit für diese heilbringende Gabe das Monument errichtet habe.
Auch Eoban Hesse war daher von der Art, wie Peter Vischer das Sebaldusgrab
aufgesaßt hatte, nicht unterrichtet, er würde sonst schwerlich unterlassen haben,
in seinem Gedichte dessen Grundgedanken durchblicken zu lassen.
Als Peter Vischer die Schrift am Fuße des Werkes goß: „Ein Anfang
durch mich Peter Vischer 1508", da mußte dasselbe mindestens in der Idee
und Composition, wahrscheinlich aber auch schon im Modell im Wesentlichen
vollendet sein, denn man pflegt wohl nicht zu dem kostspieligen Guß zu schreiten,
so lange das Modell nicht, wenigstens nach Idee und Hauptanlage und nach seinen
Maßen feststeht. Jahre lang vorher mußte er sich bereits mit dem Werke be-
schäftigt, Jahre lang dessen reiche, vielseitige Composition durchdacht und im
Geiste verarbeitet haben. Nehmen wir aber auch nur das Jahr 1506 oder, wie
dies Neudörser ausdrücklich angibt, das Jahr 1507 als die Zeit des Beginns
seiner Arbeit an, erinnern wir uns, daß er den Gedanken daran seit 1488
nicht allein mit sich Herumtrug, sondern ihm auch schon Form und Ausdruck
gab, wenn auch in weniger origineller Weise, so müssen wir trotz Conrad Rösner,
der in seiner Chronik sagt: „Peter Vischer der Jüngere habe das Meiste
daran gemacht", diesen Ruhm unbedingt Peter Vischer dem Aelteren vindi-
ciren, denn das Meiste ist die Composition, und als diese geschaffen
wurde, waren die Söhne viel zu jung, als daß man ihnen dies Verdienst zuschreiben
könnte; also Peter Vischer der Aeltere ist der unvergleichliche Schöpfer dieses
Werkes, das verkannt und mißverstanden bis zum heutigen Tag ein Räthsel
blieb, obschon dessen Lösung seit vierthalbhundert Jahren offenkundig auf dem
Grabe des Meisters zu lesen war. Mögen seine Söhne während der Ausfüh-
rung vielfach auf das Detail eingewirkt haben, mag insbesondere Peter Vischer
der Jüngere, „der seine Lust hatte, in Historien und Poeten zu lesen", am
Detail Der dargestellten mythologischen Scenen seine Kenntnisse geltend gemacht,
mag der älteste Sohn Hermann Vischer seine in Italien gemachten Studien der
Antike am betreffenden Orte verwerthet haben, die tiesgedachte Composition des
Ganzen war unfehlbar des Valers Werk. Ihm verdanken wir also „das
höchste Heiligthum deutscher Kunst", denn wir dürfen wohl nunmehr aus vollem
Herzen in diesen vielsagenden Ausspruch des berühmten Kunstforschers Kugler
einstimmen, da das Werk nicht blos durch die „entzückenden Einzelheiten" seiner
äußeren Erscheinung keinem deutschen Kunstwerk nachsteht, sondern durch die darin
zur plastischen Darstellung gebrachte Gedankentiefe und Gedankenfülle alle übertrifft.
Meiningk«. Döbner.
 
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