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Chronik.
Der Verein für christliche Kunst in der evangelischen Kirche Württembergs hat seine Haupt-
versammlung, die nach einem zweijährigen Turnus in diesem Sommer hätte stattfinden sollen,
auf das nächste Jahr verschoben, weil die Zeitereignisse einer dießjährigen Zusammenkunft der
Bereinsgenossen ungünstig erschienen. Die Thätigkeit des Vereins wird im Stillen fortgesetzt
und erstreckt sich auch über andere deutsche Länder, aus welchen Anfragen und Bestellungen
einlaufen.
kirchenban. Am 30. October fand die Grundsteinlegung der neuen Johanniskirche in Stutt-
gart statt. Es ist dies die vierte große gothische Kirche, welche zu den drei älteren, im fünf-
zehnten Jahrhundert unter dem Grafen Ulrich dem Vielgeliebten von Württemberg erbauten hin-
zukommt und einen malerischen Platz auf einer in den großen Feuersee eindringenden Landzunge
erhält. Die Kirche hat 200 Fuß Länge, 90 Fuß Breite, eine Thurmhöhe von 195 Fuß und
1300 feste, 450 bewegliche Sitzplätze. Wir behalten uns Näheres über dieses Bauwerk des
Oberbauraths Leins mitzntheilen vor.
Monument. Das Denkmal Keplers in Weil der Stadt ist von dem Bildhauer, Director
A. Kreling in Nürnberg, modellirt und wird dermalen in der Anstalt von Burgschmiet, jetzt
Lenz und Heroldt in derselben Stadt gegossen. Auf hohem Unterbau sitzt der große Astronom,,
den linken Arm auf die Himmelskugel gestützt, in der linken Hand ein Schriftstück, mit der
rechten den Zirkel haltend. An dem kolossalen Unterbau befinden sich andere vier Statuen,
Kopernikus, Michael Mästlin, Tycho Brahe und Jobst Bürg.
Malerei. Im Ordensschlosse zu Sonnenberg wird ein im Auftrage mehrerer Johanniterritter
von Professor Cretins in Berlin ausgeführtes Gemälde über die neuesten Leistungen des Ordens
seine Stelle finden. Dasselbe ist dreitheilig. Das Mittelbild stellt die Wiedererstehuug des Ordens
oder den Ritterschlag in der Kirche zu Sonnenberg dar. Das eine Seitenbild zeigt die Thätigkeit
des Ordens in der Pflege verwundeter Soldaten während des schleswig'schen Feldzugs, das
andere die Ankunft der nach Syrien entsendeten Ordensritter bei den verfolgten Christen. Ein
gothischer Rahmen, in Eichenholz geschnitzt, umfaßt das Ganze. Das Bild war zuletzt noch in
Berlin zum Besten des Hauptunterstützungsvereins für die Familien der zur Fahne Einberufenen
ausgestellt.
— Großes Aufsehen hat zunächst in der Cölner Ausstellung ein Bild des Malers Röting,
früher in München, jetzt in Düsseldorf, gemacht. Die ganze Breite des Vordergrundes nimmt
der Leichnam Christi ein, außer einer leisen Neigung des Kopfes und einer geringen Senkung,
der Füße in gerader Linie ausgestreckt. Hinter Christus kniet dem leidenschaftlichen Schmerze sich
hingebend die Madonna, in schroffem Gegensätze zu Joseph von Arimathia, der beide Gestalten
hoch überragend mit dem Salbgefäße im Arme die untere Gruppe mit stiller Theilnahme betrachtet.
Zwei Frauen, welche sich in dex von oben beleuchteten Grabhöhle aus dem rechten Seitengrunde
nähern, schließen die Figurenzahl ab.
Älterthümer. Ein Sarkophag von den Gräbern der Könige, ein Denkmal hebräischer Kunst,
welcher sich seit mehreren Jahren im Tribunal des Kadimollah von Jerusalem befand, ist von
da nach der, den Franzosen zugehörigen Kirche der heiligen Anna und sodann auf Kameelen nach
Jaffa verbracht worden. Am 9. Mai gieng er von hier nach Frankreich ab, um seinen Platz im
Museum des Louvre zu erhalten.
Nekrolog. Friedrich William Fairholt, ein fruchtbarer Jllustrationszeichner und
Kunstschriftsteller Englands, ist am 3. April 1866 in London gestorben. Geboren war er 1813
ebendaselbst, der Sohn eines aus Deutschland eingewanderten Tabakhändlers Fahrholz. Außer
Shakespeares Werken und einer Geschichte von England hat er auch die Bibel illustrirt und
nicht geringen Beifall geerntet. Mit dem Lord Londesborough hatte er Südfrankreich, mit dessen
ältestem Sohne zweimal Aegypten und Nubien bereist. Die Frucht dieser Reisen war sein Buch
»Hx tllo Nils unä Homs Die Hoffnung, daß der Aufenthalt im Süden seine durch
ein Lungenübel angegriffene Gesundheit kräftigen würde, erwies sich als trügerisch.

Verantwortliche Redaction und Verlag von Ebner L Seubert in Stutgart.
Schnellpreflendruck von Aug. Wörner, vormals I. G. Sprandel, daselbst.
 
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