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letzten Jahrzehente auch auf dem Gebiete des Protestantismus abgestoßen fühlte, ver-
lieh nicht nur seinem Leben den edlen, fleckenlosen, Vertrauen einflößenden und
Achtung gewinnenden Charakter, der zugleich seinem gründlichen Wissen und seiner
vielseitigen Bildung zur festen Grundlage diente; sondern befähigte ihn auch in langer
und beschwerlicher Leidenszeit so kindlich gottergeben auszuharren, wie seine Um-
gebung es an ihm bewundern durfte. Dieser Glaube begleitete ihn auch zu seinen
Lieblingsstudien und durchleuchtete sein Verständniß der Kunstgeschichte in ihren
geheimsten Quellen und feinsten Bezügen. Auch wurde in ihm dieses christliche
Lebenselement vielfach genährt im Austausch mit gleichgesinnten Freunden und be-
zeugte sich auf's Schönste in einer frommen Ehe.
Es ist als eine besonders glückliche Fügung anzusehen, daß der Dreißigjährige
aus den dienstlichen Verhältnissen im nordöstlichen Preußen heraus- und in die Kreise,
welche sich damals im Rheinlande, zumal iu Düsseldorf gebildet hatten, eintreten
konnte. Dort kam er, wie schon erwähnt, mit Uechtritz, dort mit dem noch reicher
begabten aber weniger harmonisch gebildeten Jmmermann in Berührung. Er war
Zeuge des kühnen Unternehmens, das freilich nur kurzen Bestand hatte, wodurch
das Ideal eines nach den Regeln der wahren Kunst ausgeführten Drama's ver-
wirklicht werden sollte; und weil, um mit dem Schauspiel auch eine Musteroper zu
verbinden, Jmmermann den jüngeren Felix Mendelssohn-Bartholdy heranzuziehen
wußte, so ergab sich für Schnaase in dessen Umgang der weitere Hochgenuß ächter
Musik uud edlen Gesanges, für welche er gleichfalls tief empfänglich war. Aber
noch mehr stimmte mit seinem Interesse für die bildenden Künste das Vorhandensein
der Akademie und in ihr der von Cornelius gegründeten und nach dessen Abgang
in den Dienst des Königs Ludwig von Bayern durch Wilhelm Schadow geleiteten
Malerschule überein. Er verkehrte viel wie mit dem Meister so mit den bald zu
gleicher Meisterschaft herangereisten Schülern. Daher kam es denn bald, daß Schnaase
sich in diesem Kreise wie des Lernens auch des Lehrens befliß und in Düsseldorf
Vorträge aus den verschiedenen Gebieten der Kunstgeschichte hielt. Aber es zog ihn
auch hiuaus, zunächst um in dein schönen Lande um deu Rhein die Denkmale
mittelalterlicher Kunst aufzusuchen, den Forschungen Anderer dabei behilfreich zu sein,
vorzugsweise in dein nahen Köln und Bonn sich mit den Männern der Kunst und
Wissenschaft zu berühren. Die erste größere Reise nach Holland und Belgien fällt jedoch
schon in das Jahr 1830 uud ihre Frucht war seine erste literarische Veröffentlichung
in den bei Cotta 1834 erschienenen Niederländischen Briefen. Dieses Buch machte
gerechtes Aufsehen durch die ebenso gründliche wie anschauliche Beschreibung der ein-
zelnen Werke der holländischen Malerschulen, durch die treffende Charneterisirung der
Landschaft und des Genre's, durch den scharfen Blick in die Zusammenhänge dieser
Kunstgattungen mit der Geschichte und dem Volksleben ihrer Heimath, durch den
klaren und sicheren Aufbau einer historischen Aesthetik, aus welcher die so oft uud
lang verkannte Wahrheit von dem Werthe unabweislich erhellt, welchen die bildende
Kunst für die Veredlung und Wohlfahrt der Völker habe. Die Niederländischen
Briefe waren aber nur die Vorboten eines umfangreicheren Werkes, jener reifen
Arbeit der zweiten Hälfte seines Lebens, von welcher vor 32 Jahren in Düsseldorf
der erste Band hervortrat, seiner Geschichte der bildenden Künste, welche sich für
letzten Jahrzehente auch auf dem Gebiete des Protestantismus abgestoßen fühlte, ver-
lieh nicht nur seinem Leben den edlen, fleckenlosen, Vertrauen einflößenden und
Achtung gewinnenden Charakter, der zugleich seinem gründlichen Wissen und seiner
vielseitigen Bildung zur festen Grundlage diente; sondern befähigte ihn auch in langer
und beschwerlicher Leidenszeit so kindlich gottergeben auszuharren, wie seine Um-
gebung es an ihm bewundern durfte. Dieser Glaube begleitete ihn auch zu seinen
Lieblingsstudien und durchleuchtete sein Verständniß der Kunstgeschichte in ihren
geheimsten Quellen und feinsten Bezügen. Auch wurde in ihm dieses christliche
Lebenselement vielfach genährt im Austausch mit gleichgesinnten Freunden und be-
zeugte sich auf's Schönste in einer frommen Ehe.
Es ist als eine besonders glückliche Fügung anzusehen, daß der Dreißigjährige
aus den dienstlichen Verhältnissen im nordöstlichen Preußen heraus- und in die Kreise,
welche sich damals im Rheinlande, zumal iu Düsseldorf gebildet hatten, eintreten
konnte. Dort kam er, wie schon erwähnt, mit Uechtritz, dort mit dem noch reicher
begabten aber weniger harmonisch gebildeten Jmmermann in Berührung. Er war
Zeuge des kühnen Unternehmens, das freilich nur kurzen Bestand hatte, wodurch
das Ideal eines nach den Regeln der wahren Kunst ausgeführten Drama's ver-
wirklicht werden sollte; und weil, um mit dem Schauspiel auch eine Musteroper zu
verbinden, Jmmermann den jüngeren Felix Mendelssohn-Bartholdy heranzuziehen
wußte, so ergab sich für Schnaase in dessen Umgang der weitere Hochgenuß ächter
Musik uud edlen Gesanges, für welche er gleichfalls tief empfänglich war. Aber
noch mehr stimmte mit seinem Interesse für die bildenden Künste das Vorhandensein
der Akademie und in ihr der von Cornelius gegründeten und nach dessen Abgang
in den Dienst des Königs Ludwig von Bayern durch Wilhelm Schadow geleiteten
Malerschule überein. Er verkehrte viel wie mit dem Meister so mit den bald zu
gleicher Meisterschaft herangereisten Schülern. Daher kam es denn bald, daß Schnaase
sich in diesem Kreise wie des Lernens auch des Lehrens befliß und in Düsseldorf
Vorträge aus den verschiedenen Gebieten der Kunstgeschichte hielt. Aber es zog ihn
auch hiuaus, zunächst um in dein schönen Lande um deu Rhein die Denkmale
mittelalterlicher Kunst aufzusuchen, den Forschungen Anderer dabei behilfreich zu sein,
vorzugsweise in dein nahen Köln und Bonn sich mit den Männern der Kunst und
Wissenschaft zu berühren. Die erste größere Reise nach Holland und Belgien fällt jedoch
schon in das Jahr 1830 uud ihre Frucht war seine erste literarische Veröffentlichung
in den bei Cotta 1834 erschienenen Niederländischen Briefen. Dieses Buch machte
gerechtes Aufsehen durch die ebenso gründliche wie anschauliche Beschreibung der ein-
zelnen Werke der holländischen Malerschulen, durch die treffende Charneterisirung der
Landschaft und des Genre's, durch den scharfen Blick in die Zusammenhänge dieser
Kunstgattungen mit der Geschichte und dem Volksleben ihrer Heimath, durch den
klaren und sicheren Aufbau einer historischen Aesthetik, aus welcher die so oft uud
lang verkannte Wahrheit von dem Werthe unabweislich erhellt, welchen die bildende
Kunst für die Veredlung und Wohlfahrt der Völker habe. Die Niederländischen
Briefe waren aber nur die Vorboten eines umfangreicheren Werkes, jener reifen
Arbeit der zweiten Hälfte seines Lebens, von welcher vor 32 Jahren in Düsseldorf
der erste Band hervortrat, seiner Geschichte der bildenden Künste, welche sich für