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dieses unermeßliche Gebiet zur Aufgabe gemacht, die Erscheinungen des Kunstlebens
„aus den physischen und geistigen, sittlichen und intellectuellen Eigenthümlichkeiten
der Völker abzuleiten und den Prozeß der Durchdringung des Kunstlebens mit den
sonstigen Lebenselementen auszuprügen". Wohl hatte der jüngere Franz Kugler das
Verdienst, mehrere Jahre früher sein Handbuch der Kunstgeschichte herausgegeben zu
haben. Aber Schnaase's Arbeit dient dem knapper gehaltenen trefflichen Vorläufer
durch ihren mit wahrem Tiefblick entwickelten Vortrag der Kunstgeschichte nur um
so mehr zur Ergänzung. Lüdke sagt hierüber in dem Nekrolog der Lützow'schen
Zeitschrift: „An diesem Meisterwerke der Forschung und Behandlung haben die nach-
wachsenden Generationen, haben wir alle ohne Ausnahme unsere hohe Schule durch-
gemacht. So das Einzelne betrachten und im Lichte des Ganzen auffassen, so in
den sinnlichen Erscheinungen die ewigen Ideen des Schönen und Wahren erkennen,
so aus dem tiefsten Born geschichtsphilosophischer Anschauungen schöpfen, so endlich
die Summe des Erforschten in durchsichtiger, geist- und seelenvoller Darstellung
schildern, wie Schnaase gethan, das ist fortan das Ideal für jeden Nachstrebenden
geworden."
In diesem Düsseldorfer Zeiträume fand der allgemein geachtete Mann auch das
rechte Frauenherz für eine gesegnete Häuslichkeit. Er verband sich im Juni 1833
mit der edeln Charlotte von Schanowska, welcher das schöne Loos zugesallen ist,
mit einem solchen Gatten Freude und Leid zu theilen und seinen Wünschen ihre
Sorgen zu widmen, seinen frühe hervorbrechenden körperlichen Leiden ihre einsichtige
pflegende Liebe zu opfern, und das Alles in treuer Gemeinschaft des Aussehens nach
oben. Dazu gesellte sich die Freundschaft gleichgesinnter Familien und eine wechsel-
seitige Theilnahme, Förderung und Fürsorge, welche nicht an: wenigsten dem von
Allen geliebten Jmmermann galt und dessen kaum zu rechtfertigenden Hausstand
mit wehmüthiger Duldung gewähren ließ, bis es ihm gelang, sich unnatürlichen
Fesseln zu entwinden und für eine leider nur zu kurze Zeitstrecke den würdigen
Herd zu bauen, dessen Gefährtin ihm später ein rührendes biographisches Denkmal
gesetzt hat.
Nachdem 1848 der Oberprocurator des Landgerichts in Düsseldorf nach Berlin
znm Geheimen Obertribunalsrath befördert worden war, verwendete er die von einem
strengen Amt erübrigte Zeit der Fortsetzung seiner Geschichte der bildenden Künste
bis in das Mittelalter herein. Auch drängte ihn der Wunsch des Verlegers, dessen
erste Auflage der erschienenen Bände schon verschlossen war, zur Vorbereitung einer
zweiten. Aber theiss, weil die Weiterarbeit für die späteren Perioden nicht unter-
brochen werden durfte, theils weil auch schon diese Aufgabe durch die Beschwerden des
körperlichen Befindens erschwert war, übernahm der Verfasser die Vorbereitung der
Durchsicht und Vervollständigung der früheren Theile für den neuen Druck nur unter
Beiziehung jüngerer zuverlässiger Kräfte, unter welchen wir den verstorbenen Fried-
richs in Berlin, ferner Lübke in Stuttgart, Lützow in Wien, Rahn in Zürich,
Woltmann in Karlsruhe, jetzt in Prag, finden. Den sechsten Band über die Spät-
zeit des deutschen Mittelalters hat Schnaase noch allein vollendet. Zum siebenten
Bande war Dobbert in Berlin sein Gehilfe. Das vorhandene Material der Fort-
setzung in einem achten Bande ist dem Du. Eisenmann in München unter Lübke's
 
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