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studierter Koketterie; der reine Marmor ist doch zu gut für ein Hetärendenkmal.
— Als Gypsmodell von kolossalen Verhältnissen stellte Prof. Müller „Eva mit
ihren beiden Kindern" aus. Die Mutter der Lebendigen hat den kleinen Abel auf
dem Schooß, der sein Händchen versöhnlich dem Kain reicht, welcher sich trotzig von
ihn: und der zum Guten redenden Mutter abwendet. Vortrefflich hat der berühmte
Bildhauer in dieser Gruppe den Anfang der durch die ganze Menschheit gehen-
den Feindschaft, den dauernden Brudermord vor Augen gestellt und — obschon
weniger volle Formen für die aus dem Paradiese vertriebene Eva passender ge-
wesen wären — mit Glück zum ersten Mal biblischen Boden betreten. Gar
hübsch ist desselben Meisters „Neapolitanischer Fischer mit seinem Kinde," das
sich vor dem ihm hiugehaltenen Seekrebs fürchtet, noch lieblicher das graziöse
römische Mädchen mit dem hoch emporgehaltenen Licht: „Lcmo U inooeolo!"
als Gaskandelaber irr Bronze gedacht, wie ein ähnlicher wohl noch nicht epistirt.
— Ergreifend ist eine „Scene aus der Sündfluth," großes Gypsmodell von
Oh manu: auf die Spitze einer Felskuppe hat sich ein Mann nebst seinem schon
bewußtlos zusammengebrocheucn Knaben gerettet. Von Gott losgelöst bäumt sich
in ihm der natürliche Mensch gegen das ihm Verderben bereitende Element und
empört reckt er abwehrend die Hand gegen die geöffneten Himmelsschleusen.
Ausdruck wie Gruppirung sind vorzüglich.
Manch tüchtige Büste, manch gelungenes Porträt wären noch zu verzeichnen.
Es möge genügen, ein Bild der oft so weit auseinander gehenden Wege, welche die
jüngste Kunst eiuschlägt, gegeben, das Bessere und Beste hervorgeh oben zu haben.
Wir befinden uns in einer Übergangsperiode: die Geister scheiden sich mehr
und mehr; auch die Kunst steht, wie jenes in die Welt hinauswandernde Land-
mädchen auf Spangenberg's Bilde, am Scheidewege zwischen lüstern lockender
Frivolität und keuscher Strenge, zwischen Augenlust und Augentrost, zwischen
Effekthascherei und stiller Einkehr — es ist auch in der Kunst immer die alte
Geschichte vom „breiten und vom schmalen Wege."

Atlier nltchristljche Mommmlle Siciliens.
Bon Viktor Schultze.
Die Keuntniß der altchristlichcn Monumente Siciliens beschränkt sich im
allgemeinen auf die Katakomben von Syrakus, und auch über diese sind vielfach
irrige Ansichten im Umlauf. Die nachstehende Uebersicht, welche auf Untersu-
chungen an Ort und Stelle beruht und den Zweck verfolgt, ein allgemeines Bild
des Bestandes der Insel an altchristlichen Denkmalen zu entwerfen, dürfte viel-
leicht dazu beitragen, diese Lücke in etwas auszufüllen. Eine ausführliche Dar
stellung des Gegenstandes hofft der Verfasser an einem anderen Orte zu geben.
Den umfassendsten und wichtigsten Monumentcnkomplep bietet Syrakus
dar, und ohne Zweifel ist diese Stadt der Ausgangspunkt der Missionirung
Siciliens gewesen. Die Lokallegende knüpft die Anfänge des Christenthums auf
der Insel an die Person der beidell Syrer Marcianus und Pancratius, welche
 
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