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abgerechnet, gedruckt in der bekannten s. Z. überaus thätigen Druckerei von Wolf-
gang Endter in Nürnberg. Der Pergamentdeckel zeigt eine reiche Pressung in
schönem Renaissance-Muster; das Mittelstück, die Taufe Christi im Jordan dar-
stellend, ist leider durch das in Gold darübergedruckte kurpfälzische Wappen fast
unkenntlich gemacht. Der Druck ist auch in den kleineren Schriften überaus
klar und scharf. Die Anfangsbuchstaben der einzelnen Bücher sind dagegen ohne
Sinn und Geschmack gezeichnet. Die Einfassung der Blätter und der breite
Rand machen den Eindruck des Reichen und Würdigen. Die in Kupfer ge-
stochenen Karten und Pläne sind sorgfältig und verhültnißmäßig sauber gearbeitet.
Von geringem Werth sind die beigegebenen Illustrationen in Kupferstich. Eine
Darstellung der Sintsluth ist reich an drastischen Zügen, ohne jedoch in der Com-
position und in der Ausführung der Einzelheiten wohlthuend und befriedigend
zu wirken. Diese Mängel lassen sich begreifen, wenn man den Stand der bil-
denden Künste in jenen Tagen des Niedergangs auf allen Gebieten fich ver-
gegenwärtigt. Im Neuen Testamente begegnet uns vor jedem der vier Evan-
gelien das Brustbild des betreffenden Evangelisten in Foliosormat, umrahmt von
Ornamenten und Fruchtstücken. Gekennzeichnet sind die einzelnen Evangelisten
außer durch die beigefügten Unterschriften und etliche wenigsagende Reime durch
die üblichen vier Danielischen Bilder. Es sind kräftige, markige Gestalten, zumal
die des Lucas. Johannes soll die Züge der Milde und Liebe an sich tragen;
sie haben aber dem Künstler sich in die der Ausdruckslosigkeit verwandelt — es
ist ein gewisser Abrah. Aubry in Frankfurt. Im Ev. Lucä finden wir bei
Cap. 21 ein von Overradt gestochenes „jüngstes Gericht," das den Raum von
zwei Seiten einnimmt. Aller höheren oder originalen Gedanken baar, hat es
seine Stärke in der Darstellung des Ungehenerlichen, besonders aus der Seite
der Verdammten, die eben in „der Hölle Rachen" gestürzt oder gezogen werden.
Ansprechender, weil schlichter sind die drei übrigen Stiche, obschon auch sie die
Züge ihrer Zeit an sich tragen; es ist die „Verkündigung Mariä," die „Geburt
Christi" zu Luc. 1 und 2 und „Christus am Kreuz" zu 1 Cor. 1, 23. Wo
überhaupt ein charakteristischer Ausdruck auf den Gesichtern wahrzunehmen ist,
wenn sie nicht wie das des Johannes aus dem dritten Bilde, völlig verzeichnet
sind, so ist es der des Süßlichen und Manierirten. Der angehängten Augsb.
Konfession ist eine figurenreiche aber werthlose Darstellung der Reichsversamm-
lung, in welcher das Bekenntnis; vor Kaiser Karl V. vorgelesen wird, beigegebeu.
Mögen nun die genannten Blätter in künstlerischer Hinsicht wenig Bedeu-
tung haben und geg-en die Bibelbilder des 15. und 16. Jahrhunderts, in welchen
der Holzschnitt zur Anwendung kam, weit zurückstehen, mag uns auch der an-
spruchsvollere und minder volksmäßige Kupferstich im Gegenhalt zu dem schlich-
teren, herzlicheren und verständlicheren Holzschnitt unangenehm berühren, der
Gedanke, von dem das Bibelwerk im Ganzen eingegeben ist, die Sorgfalt und
Sauberkeit der typographischen Ausführung, die Kosten, die mit der Herstellung
eines solchen Werkes verbunden waren, sind ein Zeugnis; dafür, daß der beste Wille
vorhanden war, etwas der Ehre und Würde des göttlichen Wortes Entsprechendes
dem evangelischen Christenvolte zu bieten. Erwägen wir vollends, daß das
 
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