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Symbol der Kirche. Beide Erklärungen sind auch jetzt noch beliebt, doch wird
vorwiegend die erstere berücksichtigt und betont. So heißt es in der deutschen
,Lonau 8ottsrrunsa/ von Professor Kraus S. 301: „Unter den unzähligen
betenden Gestalten auf den Wänden der Katakomben zeichnet sich diejenige
einer Frau aus, welche häufig in Gesellschaft des guten Hirten erscheint und in
der wir bald die seligste Jungfrau, bald die Kirche zu sehen haben."
Und S. 302: „Wir sehen also die Kirche oder die seligste Jungfrau in diesen
Oranten, und zwar in den meisten Fällen lieber letztere als erstere."
Für die Identität der Maria und der Orans beruft man sich aus die Zu-
sammenstellung der Orans mit dein guten Hirten. Besonders Saint Laurent
(Lu prisrs äs Nuris st Is Uon xu8tsnr, Luri8 1862) hat mit großer Kühnheit
und Phantasie hieraus Schlüsse gezogen. Aber es ist übersehen worden, daß
ebenso männliche Oranten in dieser Zusammenordnung mit dem guten Hirten
sich finden (Boldetti S. 377). Wird hierdurch schon die Bermuthung nahe
gelegt, daß es sich auch auf den angezogenen Darstellungen um einfache Ver-
storbene handle, so erhält dieselbe eine weitere Bestätigung dadurch, daß in der
That einigemal der neben den guten Hirten gestellten Orans ein weiblicher Name
beigeschrieben ist (de Rossi, L. 8. tuv. XXXIX n. 10; 11, und ohne Zweifel
auch n. 8 und t. XläX, n. 17; ferner Boldetti S. 363; 369 und ein Relief
im Museo Kircheriano). Auch finden sich zwei Oranten in Begleitung des
guten Hirten (Boldetti S. 78; 79). Wenn ferner die zwischen zwei Lämmern
stehende Orans (also an einer Stelle, die sonst der
gute Hirte einnimmt) als Beweis für die angegebene
Beziehung der Orantendarstellung auf die Maria
verwendet wird, so ist dagegen zu bemerken, daß auch
männliche Oranten an dieser Stelle erscheinen (de
Rossi, L. 8. III t. XXX n. 39; Paciandi, äs
8uori8 ORrmtiun. ImlnsL, Lonaus 1758 Titelbild;
S. IX der Lruslutio falsch erklärt).
Auch die Berufung auf ein bekanntes Fresko im
Oosinstsriuni (Ntriunnnr (In Kraus, L. 8. S. 303 s.
steht unrichtig: Katakombe S. Agnese) ist nicht beweis-
— kräftig für die Auffassung der römischen Archäologen.
Die Frauengestalt, welche dort betend die Arme aus-
breitet, zeigt eine so stark ausgeprägte Individualität und ist in so eleganter,
mit Schmuck überladener Toilette, daß wir hier vielmehr eine reiche römische
Dame des vierten Jahrhunderts zu erkennen haben, die mit ihrem Söhnchen in
dem betreffenden Grabe beigesetzt ist. de Rossi, um die Gestalt als Maria zu
erweisen, legt besonderes Gewicht auf die links und rechts neben derselben ange-
brachten Monogramme Christi, aber es gibt eine ganze Reihe von männlichen
Oranten und andern Darstellungen verstorbener Christen und Christinnen, die
in dieser Weise und noch mehr ausgezeichnet sind.
Ist in diesen Fällen die angebliche Identität der Maria und der Orans
abzuweiscn, so steht andererseits inschriftlich fest, daß Maria auch als Orans
 
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