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Leisten leicht an- und abgehängt werden können. Je größer dann die Flächen
der Tuchbehänge sind, desto mehr ist zu wünschen, daß sie mit Spruch oder
Sinnbild, zum wenigsten mit dem Kreuz geschmückt werden; die Seitenwände
einfacher, die Vorderwand am reichsten. Das Gewand ist immer glatt auch an
den Ecken herabhängen zu lassen, nicht in gekünstelten Falten.
Wollentuch ist immerhin das Beste und Einfachste. Meurer empfiehlt
auch „festen Rips oder guten Wollendamast, freilich nicht Möbelstoff nnd in
profanen Mustern. Kann man Seide erschwingen, so ist ein guter glatter
Stoff ausreichend, der dann allerdings reiche Stickerei verträgt, wo nicht
fordert. Damast oder Brokat wäre freilich noch mehr vorzuziehen, und
bei Karl Giani in Wien oder Casaretto in Düsseldorf sind solche Stoffe mit
prächtigen eingewebten Mustern nach den besten Vorbildern des Mittelalters
zu haben." Meurer spricht sich auch noch für einen aus Seide und Linnen ge-
mischten Stoff, Serilin genannt, aus, warnt aber mit Recht vor Sammt,
weil der gewöhnliche Seidensammt sich leicht drückt und Baumwollen- oder
Wollensammt nicht nur bald unscheinbar wird, sondern auch für Stickerei schwierig
ist. Wollenplüsch vollends ist als zu schwerfällig ganz zu meiden.
Was die Verzierungen betrifft, so sind in neuerer Zeit reichlich Muster
und Musterbücher kirchlichen Styls erschienen. Unserer evangelischen Kirche ist
in Herrn Eugen Beck in Herrnhut ein Bezaleel nnd Ahaliab erweckt worden,
welcher die sinnigsten und stylvollsten Entwürfe aller Art bereits 1868 bei
Dörsfling u. Francke in Leipzig hat erscheinen lassen, und ans dessen gewandter
Hand auf Bestellung immer wieder Neueres und Schöneres erlangt werden kann.
Das Christliche Kunstblatt hat seit dem Jahrgang 1867 und 1868 (in welch
letzterem S. 21 ff. Näheres über ihn gesagt ist) seiner köstlichen Erfindungen
mit Freuden gedacht, und er selbst hat erst im vorigen Jahrgang Nr. 9 über-
kirchliche Fußteppiche Grundsätze ausgesprochen und Winke nebst Zeichnungen
gegeben, welche, wenn man richtig verfahren und wählen will, nicht unberück-
sichtigt bleiben dürfen. Als einen auch von Meurer (Altarschmuck, S. 130)
mit Nachdruck hervorgchobenen Hauptpunkt möchten wir abermals betonen, daß
doch die vor den Altar gelegten Teppiche nicht „durch den Knalleffekt üppig
naturalistischer Blumenmuster" die Würde des Altars und seiner Gewandung
stören oder gar mit Sinnbildern ausgestattet sein dürfeu, „welche an geeignetem
Ort zur Ehrfurcht gegen Gott und göttliche Dinge anregen würden, auf den
Fußboden gelegt aber die entgegengesetzte Wirkung thun müssen." Zu Fuß-
teppichen eignet sich ganz gut Straminnäherei auf grobem Tept mit starkem
Wollfaden. Für die übrige kirchliche Stickerei, welche aber wohlstudirt sein will
und welcher nicht jede Uniform- oder Fahnenstickerin gewachsen ist, finden unsere
Frauen in der oben genannten Schrift von Meurer über den Altarschmuck höchst
beachtenswertste Winke.

Diesen An- und Ausführungen fügen wir noch folgende geschichtliche Be-
merkungen bei. Am meisten ist für die Wiederbelebung eines stylvollen Gewand-
 
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