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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 21.1879

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Nr. 9 (1. September 1879)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42372#0144
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Studien über den nitchristlichen Dilderkreis
von Privatdocent Viktor Schultze in Leipzig.
II. Noah und die Arche.*)
Die Darstellung des in der Arche befindlichen Noah ist sowohl der alt-
christlichen Malerei wie der Skulptur eigen, überwiegt jedoch in ersterer. Auf
Goldgläsern findet sich nur ein Beispiel. Die Verwendung des Bildes läßt sich
bis zu der Mitte des zweiten Jahrhunderts zurück verfolgen (älteste Theile von
S. Domitilla) und dauert bis an das Ende der altchristlichen Kunstentwicklung
heran. Die Darstellung bewahrt fast durchgehends einen bestimmten Typus:
die Arche ist als viereckiger, auf dem Wasser schwimmender Kasten gebildet, in
welchem eine männliche Figur in gestreifter Tunika
steht und die Arme einer seitwärts herbeifliegenden,
einen Oelzweig tragenden Taube entgegenhebt. Noah
erscheint vorwiegend jugendlich, selten bärtig; einmal
ist er ganz unbekleidet (Vottari, IRttmrs s 8eul-
tui-6 u. s. w. tav. 101), ein anderesmal trägt er
nur eine phrygische Mütze (äs II0881, Roruu 8ot,t. II.
luv. 47, 42). Eine weibliche Gestalt —- wie aus
dem beigeschriebenen Namen hervorgeht, die Verstorbene
— befindet sich in der Arche auf einem Sarkophagrelief des Lateranmuseums**);
in zwei andern Fällen steht ein Knabe in derselben. Ganz eigenartig ist die
Darstellung auf einem Sarkophag in Trier. Dieselbe zeigt einen viereckigen
Kasten und in demselben acht Personell, vier männliche und vier weibliche, d. h.
Noah und seine Gattin und deren Söhne und Schwiegertöchter. Um sic herum
sind auf dem Rande der ebenfalls in Form eines Kastens gebildeten Arche zehn
Thicre geordnet. Außerhalb der Arche steht am Boden ein Rabe und schaut
verlangend in das Innere derselben. Von links fliegt eine Taube mit einem
Oelzweige herbei, und ihr strecken die in der Arche stehenden Personen, zwei
ausgenommen, die Hände entgegen (Abbild, im Festprogramm zum Geburtstag
Winkelmauns, Bonn 1850).
Die Symbolik der Darstellung liegt klar: die Errettung des Noah aus der
alles Leben hilNvegraffeuden Wasserflut wird der Errettung des Gläubigen aus
des Todes Macht und Banden parallel gesetzt. Die den Oelzweig herbeitragende
Taube aber symbolisirt hier, wie auch sonst in der altchristlichen Kunst, den
himmlischen Frieden, zu dem der Entschlafene cingeht. Dieser Auffassung des
Bildes entspricht, daß sich die Arche einigemal zu einem länglichen Kasten von
Sarkoph agform erweitert; ein anderesmal ist sie abgerundet und mit drei

*) Vgl. auch die Abhandlung von vr. Decheul im Christi. Kuustbl. 1877. Nr. 9. Die Red.
**) Die Angabe in der deutschen Loma sottorrantz-r von Krans S. 279, daß sich diese
Eigenthümlichkeit mehrmals finde, beruht ans einem Jrrthnm.
 
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